Suche
Close this search box.
IMG-20220210-WA0006

Von der Equitana zur Olympia-Medaille: Sabine Schut-Kery im Gespräch

Eine Equitana’sche Erfolgsgeschichte ist auch die der US-Silbermedaillengewinnerin von Tokio, Sabine Schut-Kery. Die 52-jährige Krefelderin hat ihre Ausbildung zur Pferdewirtin bei Jean Bemelmans absolviert, mit Jan Nivelle und Stefanie Meyer-Biss trainiert und jahrelang für Günther Fröhlich showmäßig geritten, ehe sie das Rheinland 1998 verließ. Welche Rolle die Equitana bei ihrem Umzug in die USA spielte, verriet uns Sabine Schut-Kery im Gespräch.

Liebe Sabine, bei deinem Olympia-Debüt im vergangenen Sommer hast du an der Seite von Steffen Peters, der ja ebenfalls gebürtiger Rheinländer ist, Silber mit der US-Equipe gewonnen. Im Einzel hast du sensationell Platz 5 belegt. Was hat das mit der Equitana zu tun?

„Kurz gesagt: Alles! Als ich Ende der 90er in die USA auswanderte, musste ich ein Visum beantragen. Sowohl für meinen Mann als Stuntman, wie auch für mich als Dressurreiterin, ging es darum, das so genannte 0-1 Visum zu bekommen, das ‚besonders talentierten, ausländischen Personen die Arbeitsaufnahme in den USA bei einem US-Arbeitgeber ermöglicht’. Nun war der Beruf meines Mannes in Amerika durchaus gängig. Mein Job, das professionelle Dressurreiten und Trainieren, war damals allerdings noch recht unbekannt. Daher musste ich meinen ‚Nutzen für das Land’ besonders darlegen. Dabei half mir Wolf Kröber! Er schrieb für mich eine Empfehlung, auf deren Basis mein Visum bewilligt wurde. Und die mir – allein des Inhalts wegen –mindestens genau so viel bedeutet, wie meine Silbermedaille.“

Wieso das?

„Nun, Wolf hat mir nicht irgendeinen unpersönlichen Wisch ausgestellt, sondern einen Brief geschrieben, der von Herzen kam. Er beschrieb mein Talent, ein Publikum faszinieren zu können und betonte dabei die Korrektheit meiner Reiterei – das war für mich ein Ritterschlag. Immerhin war Wolf Kröber schon damals ein sehr bedeutender, hochqualifizierter Pferdekenner, dessen Meinung Gewicht hatte. Schließlich gelang es ihm persönlich, die besten Ausbilder der Welt zu finden und nach Essen zu holen.“

Sabine Schut-Kery und Senceo bei ihrem Olympia-Debüt 2021. Fotos: privat

Wann warst du denn das erste Mal auf der Equitana?

„1984 habe ich die Messe zum ersten Mal besucht und war direkt beeindruckt von der Vielfalt und Qualität. Die Equitana war für mich das totale Highlight! Ja ein ‚Candy Shop’, der alles vereint, was ich liebe: Pferde, Pferde und nochmals Pferde! Entsprechend sehnsüchtig habe ich den Veranstaltungen entgegengefiebert, denn damals gab es die Messe ja ‚nur’ alle zwei Jahre. Die Open-Airs waren noch nicht erfunden und umso besonderer waren für mich die Auftritte in Essen.“

Was hast du auf der Equitana gemacht?

„Ich habe auf dem Hubertushof mit dem Reiten begonnen. Zunächst auf Ponys bei Ulla Becker, später auf Friesen und Andalusier bei Günther Fröhlich. Über ihn kam ich zum qualitätsvollen Showreiten und darüber wiederum zur Equitana. Übrigens auch während meiner Lehre bei Jean Bemelmans. Turniere haben für mich damals eine eher untergeordnete Rolle gespielt. In Deutschland war ich höchstens bis zur Klasse L im Viereck unterwegs. Allerdings habe ich durch meine Show-Auftritte wertvolle Routine bekommen, wenn es um das Reiten vor großem Publikum geht.“

Hast du noch etwas aus den Essener Messehallen mitgenommen?

„Da gibt es vieles, wie die Liebe zum Pferd ganz allgemein, die über allem steht und an so vielen Details der Veranstaltung spürbar ist. Das hat mich gepackt! Konkret in Bezug auf meine Reiterei: Gefühlsbetonung und Offenheit! Die unheimliche Vielfalt und meine Erfahrungen im großen Ring haben mich gemahnt, offen und empathisch an die Ausbildung von Pferden heranzugehen. So verlangt manch Korrekturpferd – bei aller Orientierung an der Skala der Ausbildung – einen unkonventionellen Weg zum Ziel. Besonders inspirierend fand ich die geballte Vielfalt, die an Input im Rahmen dieser Veranstaltung geboten wird: von der Freiheitsdressur und Horsemanship zu Gangpferdereiten und Barock.“

Moment mal, Gangpferde?

„Oh ja! Ich bin ein Isi-Fan und es ist tatsächlich mein Traum, später – wenn ich in Rente gehe – eine Reise nach Island zu machen und dort Isländer zu reiten. Vielleicht möchte ich auch mal einen eigenen besitzen. Aber bis es soweit ist, widme ich mich in meiner täglichen Arbeit nicht nur der Dressurausbildung von Warmblütern, sondern auch der von spanischen Pferden wie P.R.E.s und Lusitanos.“

Dabei hattest du mit Friesen deinen Durchbruch…

„Ganz genau! Auf der Equitana habe ich 1993 mit meinem ersten eigenen Pferd Jorrit, einem Friesen, den Barockpferdecup gewonnen. Der Pokal steht heute noch in meinem Büro und erinnert mich an diesen ersten großartigen Erfolg. Immerhin wurde die Prüfung damals von dem ungarischen Olympioniken Gyulla Dallos gerichtet, was dem Sieg eine völlig andere Qualität gab. Weiter bin ich mit Günthers Friesen und Andalusiern für Showauftritte viel gereist – zur Fieracavalli nach Verona zum Beispiel. Oder mit dem Pferdemusical Zauberbaum durch ganz Deutschland. Mit einem Friesen habe ich mir in den USA dann auch das goldene Reitabzeichen erritten.“

Anlässlich des großen Equitana-Jubiläums kommen einige Anekdoten zu Tage. Was ist dein  besonderer Equitana-Moment?

„Ein Fan-Moment. Einmal waren wir als jugendliche Showtruppe im Stallzelt auf einer Stallgasse mit Dr. Reiner Klimke und Gabriela Grillo untergebracht. Dr. Klimke war für mich der Dressur-Papst. Und plötzlich war er zum Greifen nah – im Umgang mit seinen Pferden, seiner Familie und beim Üben seines Rittes. Das tat er nämlich zur Vorbereitung des gemeinsamen Pas-de-Deuxs mit Gabriela Grillo zu Fuß im Stallzelt. Da saß ich also, völlig gebannt – star struck, wie man auf Englisch sagt – vor unseren Boxen und habe jede Bewegung der beiden aufgesogen. Was ich Jahre später ehrlicherweise auch bei Lorenzo gemacht habe. Seine Arbeit mit den Pferden fasziniert mich total und so habe ich stets versucht, Backstage möglichst viel mitzubekommen und zu lernen.“

Planst du, die Equitana nochmal zu besuchen?

„Tatsächlich denke ich alle zwei Jahre daran. Aber leider kollidiert der Termin meist mit der Turniersaison in den USA, die – anders als in Deutschland – nur von Dezember bis April läuft und mich bindet. Aber ich musste seit meinem Umzug in die USA nicht völlig auf die Equitana verzichten. Bei der Satellitenveranstaltung in Kentucky bin ich viermal gemeinsam mit drei Krefelder Freundinnen in einer Quadrille aufgetreten. Und im November steht für mich erstmals eine Masterclass auf der Equitana Australia in Melbourne an. Darauf freue ich mich schon sehr!“

Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

Artikel teilen

Empfohlene Artikel

Gesundheit & Fütterung

Der Huf im Fokus

Pferde sind Lauftiere, um dem gerecht werden zu können wurden sie von der Natur mit vier Hufen ausgestattet, deren Mechanismus

Weiterlesen »