Das perfekte Pferdefoto schießen – davon träumen viele Pferdebesitzer. Wie das klappt und worauf es zu achten gilt, damit das Pferd wirklich perfekt in Szene gesetzt wird, haben wir Pferdefotografin Mirka Nilkens gefragt.
Mittlerweile ist fast jeder „Fotograf“. Das Handy ist immer am Mann, die Galerien sind voll mit Bildern der Vierbeiner. Lustige Schnappschüsse sind das eine, ein wirklich natürlich-schönes Pferdebild das andere. Denn dafür braucht es spezielles Equipment, den richtigen Blick fürs Motiv und am Ende auch das gewisse Quäntchen Glück.
Eine, die sich damit bestens auskennt, ist Mirka Nilkens. Die Krefelderin ist Pferdefotografin aus Leidenschaft, Autodidaktin und Gewinnerin der Silbernen Kamera beim CHIO Aachen 2022. Sie hat sich die Pferdefotografie über die Jahre selbst beigebracht und erarbeitet, bis sie schließlich zur gefragten Turnierfotografin wurde. Ihre Bilder sind nicht nur fester Bestandteil von Rheinlands Reiter+Pferde, sondern auch diverser anderer Publikationen. Auch Hengsthalter und Privatpferdebesitzer vertrauen auf ihr Auge, wenn es um das perfekte Pferdebild geht.
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Aller Anfang ist schwer
„Ich habe 2008 angefangen, in unserem Stall einfach mal ein paar Pferde zu knipsen“, blickt sie zurück. „Damals hatte ich eine absolute Anfängerkamera und übte an den Pferden von Stallkollegen.“ Mit der Zeit wuchs das Können und schließlich auch der Anspruch an die Technik – denn für das perfekte Bewegungsbild müssen Kamera und Objektiv spezielle Ansprüche erfüllen. „Als dann meine ersten Bilder in Rheinlands Reiter+Pferde veröffentlicht wurden, war ich schon stolz.“ Das waren zunächst Sportbilder von ländlichen Turnieren. Mittlerweile ist Pferdefotografin Mirka Nilkens auch auf ausgewählten internationalen Turnieren unterwegs und fängt dort die ganz besonderen Momente ein, auch abseits der eigentlichen Prüfungen. Wie ihr Siegerbild bei der Silbernen Kamera, das einen besonders emotionalen Moment in der Siegerehrung bei den Aachen Youngstars zeigt. „Natürlich konnte ich den Moment an sich nicht planen, da hatte ich einfach Glück. Aber den Hintergrund habe ich bewusst gewählt.“ Die weihnachtlichen Lichter im Hintergrund geben dieser Aufnahme das besondere Etwas, das den Betrachter fasziniert und auch die Jury des Fotografiewettbewerbs überzeugen konnte.
Das perfekte Licht
Es sind genau diese Momente, die das ganz besondere Pferdebild ausmachen. Wer Pferde in Szene setzen möchte, sollte daher nicht nur das Model an sich im Fokus haben, auch die Location und das Licht sind entscheidend. Optimales Licht finden Fotografen drei bis vier Stunden nach Sonnenauf- und vor Sonnenuntergang vor. Dann steht die Sonne bereits tiefer und leuchtet das Motiv mit einem weicheren Licht aus. Wer sich entscheidet, in der Mittagssonne zu fotografieren, wird indes mit grellem Licht und Schlagschatten zu kämpfen haben – das ist insbesondere bei der Turnierfotografie nicht vermeidbar, wohl aber bei planbaren Shootings. „Wenn ich die Möglichkeit habe, fotografiere ich das Motiv an einem sonnigen Tag lieber im Schatten“, erklärt Pferdefotografin Mirka Nilkens. Und sie erläutert: „Viele Kunden denken immer, dass Sonne für schöne Bilder wichtig ist. Genau das Gegenteil ist aber der Fall.“ Ideales Licht gerade für Anfänger gebe es bei bewölktem Himmel. „Dann gibt es keinen großen Schattenwurf auf dem Motiv, das Pferd wird mit weichem Licht ausgeleuchtet.“
Wer ein Shooting plant, sollte auch die Location sorgsam wählen. Bäume und Büsche oder auch ein Holzzaun machen sich gut als Hintergrund, weiße Zaunlitzen wirken eher störend und lenken vom eigentlichen Motiv ab. Das Pferd kommt außerdem besonders gut in Geltung, wenn Abstand zu Bäumen oder auch Stallwänden gehalten wird. Je weiter weg der eigentliche Hintergrund ist, umso unschärfer wird er.
Die richtige Perspektive
Auch die Position des Fotografens spielt eine entscheidende Rolle beim Entstehen des perfekten Motivs. Oft ist es sinnvoll, in die Hocke zu gehen oder sich sogar auf den Boden zu legen, so wird die Gestaltung des Hintergrunds entscheidend beeinflusst. Vom Boden aus fotografiert, kann der strahlend blaue Himmel mit eingefangen werden, aus der stehenden Position heraus ist der Hintergrund oft zweigeteilt zwischen Boden und Hintergrund. Im Zweifelsfall ist in dieser Position mehr Wiese oder Sandplatz zu sehen als der natürliche Hintergrund oder die Wolken am Himmel.
Auch die Position der Sonne sollte beachtet werden. Wer sein Motiv voll ausgeleuchtet haben möchte, fotografiert mit der Sonne im Rücken. Wer etwas mehr Atmosphäre ins Motiv bringen möchte, fotografiert im Gegenlicht. Die Sonne von hinten sorgt so dafür, dass sie mit ihrem Licht das Motiv einrahmt und so noch mehr vom Hintergrund absetzt. Um das Pferdemodel bei diesen Motiven im Endergebnis gut darstellen zu können, kann es hilfreich sein, die dunklen Passagen in der späteren Bildbearbeitung aufzuhellen.
Ruhe bewahren
Ein ideales Hilfsmittel bei Gegenlichtaufnahmen ist darüber hinaus ein Reflektor, mit ihm kann das Sonnenlicht auf das Motiv gebracht werden und es noch besser ausleuchten. Hier ist allerdings Feingefühl gefragt: Nicht jedes Pferd reagiert gelassen, wenn ein Reflektor zum Einsatz kommt und muss im Zweifelsfall erstmal an das unbekannte Objekt gewöhnt werden.
Und das ist generell auch einer der Punkte, der in der Pferdefotografie entscheidend ist: Geduld. Das betont auch Pferdefotografin Mirka Nilkens: „Hektik und Ungeduld bringen niemanden weiter.“ Um das perfekte Bild einfangen zu können, ist ganz viel Ruhe gefragt, denn jegliche Nervosität überträgt sich auch schnell aufs Pferd. „Natürlich wollen wir auf den Bildern ein aufmerksames Pferd haben.“ Es sollte aber nicht panisch aussehen. Das kann nicht nur durch „gruselige“ Hilfsmittel wie einem Reflektor entstehen, sondern auch durch die gerne als Tipp genannte Wieher-App. Ob sie hilfreich sein kann, hängt ganz vom Typ Pferd ab: Wenn sie dafür sorgt, dass die Ohren aufmerksam gespitzt werden, kann sie hilfreich sein. Manche Pferde sind ob des Wieherns aus der Dose jedoch so alarmiert, dass sie mit aufgerissenen Augen und hohem Hals dastehen. „Das ist für die Fotos auch nicht hilfreich, ich wünsche mir eher einen runden Hals“, sagt Nilkens.
Helfer macht das Pferd aufmerksam
Sie hat deswegen immer eine ganze Trickkiste dabei, wenn es an die Portraitfotos geht. Ob Futtereimer oder eine kleine Luftpumpe, mit der Luft in Richtung Pferdenase gepustet wird – jedes Pferd reagiert auf andere Hilfsmittel. „Man muss kreativ werden.“ Und vor allem brauche man Helfer bei einem Pferdeshooting, die alles geben, damit das Model sich in einer unaufgeregten Aufmerksamkeit präsentiert. Nichts ist fataler, als mit Besitzer und tiefenentspanntem Pferd auf weiter Flur zu stehen, ohne jemals ein gespitztes Ohr zu sehen.
Auch das ist ein hilfreicher Punkt: Für manch ein Pferd ist die hohe Wiese eine tolle Location, für die verfressenen Kandidaten kann genau das jedoch zum Verhängnis werden. Dort lohnt es sich, einen Shootingort mit optimalem Hintergrund und befestigtem Boden zu suchen.
Die Königsdisziplin in der Fotografie ist definitiv das Pferd in Bewegung. Dort gilt es nicht nur, das Motiv scharf abzulichten, sondern auch im passenden Moment. Ein Pferd in der Bergauf-Galoppade sieht deutlich vorteilhafter aus als eines, das gerade in der Vorhand abfußt. Für genau diese Bilder hilft nur eines: üben, üben, üben! Denn natürlich möchte jeder Reiter sein Pferd optimal präsentiert haben und das sind die Phasen, in denen sich das innere Vorderbein im Trab ganz oben befindet oder beide Vorderbeine im schwungvollen Galopp den höchsten Punkt erreichen.
Serienaufnahme oder Einzelbild?
Mit einer hochwertigen Kamera lässt sich das in einer Serienaufnahme ohne Probleme einfangen – später kann das beste Bild aus der Reihenaufnahme ausgewählt werden. Diese Methode ist jedoch nicht ideal, wie Mirka Nilkens erklärt: „Serienaufnahmen sorgen für einen großen Verschleiß von Kamera und Objektiv.“ Ein gutes Auge ist daher Gold wert, denn die richtige Phase zu treffen, ist reine Übungssache. „Natürlich ist jedes Pferd anders und damit auch jede Bewegung. Aber grundsätzlich ist es auf jeden Fall erlernbar, den optimalen Moment festhalten zu können.“ Die Fotografin verrät ihr Geheimnis: „Ich habe mir irgendwann angewöhnt, aufs Vorderbein zu achten. Ich drücke immer dann ab, wenn das innere Vorderbein fast oben ist.“
Übung macht den Meister
Am Ende bleibt noch die Frage: Welche Ausrüstung benötige ich für das optimale Pferdefoto? „Das kann man pauschal nicht sagen“, ist Pferdefotografin Mirka Nilkens überzeugt. „Hier lohnt sich eine individuelle Beratung im Fachhandel.“ Kamera und Objektiv richten sich nach der jeweiligen Nutzung und dem jeweiligen Geldbeutel. Auch mache es am Anfang Sinn, mit gebrauchter Ausrüstung zu beginnen, bevor man sich sicher sei, ob die Fotografie wirklich etwas für einen ist.
Denjenigen, die bei der Bedienung ihrer Ausrüstung noch unsicher sind, empfiehlt Pferdefotografin Mirka Nilkens , „einfach so viel zu fotografieren wie möglich.“ Denn Übung macht den Meister. Auch könne es sinnvoll sein, einen Kurs bei einem Fotografen zu buchen. „Das bringt meiner Auffassung nach am meisten“, ist die Düsseldorferin überzeugt. „Es lohnt sich, im Vorfeld zu schauen, welcher Stil am besten gefällt, und dann von einem erfahrenen Fotografen zu lernen.“
So gelingt der Handy-Schnappschuss
Trotz aller Technik und Vorbereitung: Auch der tägliche Handyschnappschuss lässt sich verbessern. Hier gilt genauso wie bei der professionelleren Kamera: Abstand zum Hintergrund und Abstand zum Pferd halten und lieber heranzoomen, als das Handy direkt unter die Pferdenase zu halten. Handys fotografieren in der Standardeinstellung als Weitwinkel und sorgen so dafür, dass die Proportionen des Pferdes verzerrt dargestellt werden. Dadurch entstehen auf den Bildern zum Beispiel auch die überdimensional-langen Pferdenasen. Für ein besseres Foto mit dem Handy lohnt es sich daher, Abstand zum Pferd zu halten und mit Zoom zu arbeiten. Auch wenn das Ergebnis sicher nicht mit dem eines Profis zu vergleichen ist – so lässt sich das Pferd in jedem Fall natürlicher portraitieren als im Standard-Weitwinkelmodus.
Andrea Zachrau
Die richtigen Kameraeinstellungen – Tipps von Pferdefotografin Andrea Zachrau
Welche Einstellung für welches Bild am sinnvollsten ist, richtet sich immer nach den Gegebenheiten vor Ort.
Als Anhaltspunkte gelten folgende Settings:
Bilder in Bewegung:
Blende: 3.5 (für einen unscharfen Hintergrund)
Auslösezeit: 1/1000 (für ein scharfes Hauptmotiv)
ISO: richtet sich nach dem Gegenlicht, sollte idealerweise aber zwischen 100 und 500 liegen, um je nach Kameramodell ein Rauschen der Bilder so gering wie möglich zu halten.
Brennweite: 100mm oder mehr (so werden die Proportionen des Pferdes optimal eingefangen)
Fokus: auf dem Auge des Pferdes bzw. bei Seitenaufnahmen kann auch die Schulter anfokussiert werden.
Bilder im Portrait:
Blende: 3.5 (für einen unscharfen Hintergrund)
Auslösezeit: 1/500 (so wird das Pferd auch scharf, sollte es einmal schneller den Kopf drehen)
ISO: richtet sich nach dem Gegenlicht, sollte idealerweise aber zwischen 100 und 500 liegen, um je nach Kameramodell ein Rauschen der Bilder so gering wie möglich zu halten.
Brennweite: 100mm oder mehr (so werden die Proportionen des Pferdes optimal eingefangen)
Fokus: auf dem Auge des Pferdes
Bilder mit künstlichem Licht/Studioblitzen:
Blende: 8.0 (für einen dunklen Hintergrund)
Auslösezeit: 1/200 (die Blitze frieren die Bewegung ein, nicht die Auslösezeit der Kamera)
ISO: 100 (dank der Blitze kann die Helligkeit von außen bestimmt werden)
Brennweite: 100mm oder mehr (so werden die Proportionen des Pferdes optimal eingefangen)
Fokus: auf dem Auge des Pferdes
Titelbild: Mirka Nilkens