Was ein Krimi! Der angekündigte und von allen erwartete Dressur-Zweikampf zwischen Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl fand am finalen Sonntag des Longines Balve Optimum Dressurfestivals seinen absoluten Höhepunkt. In der Grand Prix Kür kam es zum spannenden Showdown. Gold für Werth oder von Bredow-Werndl? Wer würde es machen? Nachdem die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten mit Weihegold den Grand Prix am Freitag gewonnen hatte, aber am Samstag „nur“ Deutsche Vize-Meisterin im Grand Prix Special wurde, gab sie in der Kür 110 Prozent – und holte ihren insgesamt 16. Deutschen Meistertitel!
Als Isabell Werth und Weihegold ins Viereck einritten, war es so still, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Dass die 51-jährige Ausnahmeathletin Vollgas geben und auf Angriff gehen würde, das war jedem bewusst. Und ihre Partnerin Weihegold, eine 15-jährige Oldenburger Don Schufro-Tochter, ist einfach eine Kämpferin wie ihre Reiterin. Fast schien es, als ob sie wusste, worum es hier geht. Piaffen wie von einem anderen Stern und präzise wie ein Uhrwerk. Wechsel wie am Schnürchen, dazu Kraft, Schwung und Ausdruck. Wenn Weihe und Werth loslegen, dann ist niemand mehr sicher. 90,825 Prozent. Das war der Sieg und damit die Kür-Goldmedaille der Deutschen Meisterschaft Dressur. „Jeder Titel ist emotional und freut mich sehr“, freute sich Isabell Werth über Titel Nummer 16. Und ihr Ritt? „Weihe war fantastisch, ich bin rundum zufrieden. Das heute war eine ihre besten Küren. Es gab nichts, wo ich sagen kann: Wir haben etwas liegen lassen. Weihe hat alles gegeben, von Anfang bis Ende. Es war ein toller Fight!“
Silber gewannen die am Tag zuvor frisch gebackenen Deutschen Meister im Grand Prix Special, Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB, Bronze sicherten sich Dorothee Schneider und Faustus. Werndl und Dalera waren vor Werth und Weihe zur Kür eingeritten und hatten die Messlatte sehr hochgelegt: 89,350 Prozentpunkte! „Dalera war auf den Punkt, super frisch und kraftvoll. Wir haben nichts liegen gelassen. Ich bin sehr stolz auf die Entwicklung von Dalera – und da ist noch Luft nach oben“, so Jessica von Bredow-Werndl, die zugab: „Ich konnte mir Isabells Ritt nicht anschauen, ich war zu aufgeregt!“
Bronze sicherte sich, wie schon im Grand Prix Special, Dorothee Schneider. Die Reitmeisterin aus Wiesbaden und ihr zwölfjähriger Hannoveraner Wallach Faustus (v. Falsterbo x Forrest xx) bekamen für ihre insgesamt erst vierte Kür 81,600 Prozent.
Bundestrainerin Monica Theodorescu zog ein durch und durch positives Fazit über die Deutschen Meisterschaften in Balve – ein Turnier, das erst durch die Corona-Pandemie entstanden ist: „Wir haben hier tolle Tage erlebt: Es war eine großartige, sehr spannende Meisterschaft. Danke an Rosalie und Team, das war spitze! Und auch der Boden war noch nie so gut. Das Turnier war klein, aber wirklich fein. Ganz wunderbar. Die Deutschen Meisterschaften und auch die Siegerehrungen wurden würdig gefeiert. Auch in den Rahmenprüfungen sahen wir großartige Paare und Leistungen!“
Turnierveranstalterin Rosalie von Landsberg-Velen zeigte sich sehr bewegt über das Lob: „Ich bin traurig, dass es vorbei ist. Nach diesen Monaten der Unsicherheit sind wir so froh, dass wir das Longines Balve Optimum Dressurfestival durchgeführt haben. Wir hatten so lange für eine DM in Springen und Dressur gekämpft, das wäre aber nicht möglich gewesen. Dann hatten wir auch überlegt, gar nichts zu machen. Aber auch das fühlte sich falsch an und trieb mir Tränen in die Augen. Ich atme das Longines Balve Optimum mit jeder Pore. Und so entschieden wir, nur eine DM Dressur zu machen, denn das war zu realisieren. Damit war auch die Motivation auf ein Ziel da – und das Longines Balve Optimum Dressurfestival war jetzt das Produkt. Unser Anspruch war immer: Wenn wir es machen, machen wir es gut. Die Reiter haben uns belohnt mit tollen Leistungen. Es wird uns allen in Erinnerung als etwas ganz Besonders und Spezielles bleiben. Danke an alle, die uns unterstützt haben. Danke auch an die Reiter, ihr wart das Wertvollste!“
Isabell Werth gab das Lob gerne im Namen aller Reiter zurück: „Wir haben uns sehr wohl gefühlt. Es war eine wunderbare feierliche Atmosphäre und wir hatten eine sehr stilvolle und würdige Meisterschaft, die ihresgleichen sucht. Wir haben es auch nicht als Ersatzmeisterschaft empfunden, im Gegenteil! Ein großes Kompliment! Es war mega!“
Am Tag zuvor waren Isabell Werth und Weihegold knapp geschlagen Deutsche Vizemeister im Special geworden. Mit 82,569 Prozentpunkten hatte sich das Paar hinter Jessica von Bredow Werndl und Dalera einordnen müssen, die auf 83,549 Prozent kamen. Werth und Weihe hatten sich Fehler in den Galoppwechseln geleistet, die am Ende über Gold und Silber entschieden. „C’est la vie! Es war ein schöner Fight mit Jessi, Kompliment an sie“, lautete das Fazit hierzu von Isabell Werth, die mit dem Westfalen Emilio zudem Fünfte wurde (78,078).
Hannah Erbe und Carlos auf Platz zwei im Piaff-Förderpreis
Das Balve Optimum war auch Austragungsort einer Wertungsprüfung zum Piaff-Förderpreis. Sowohl in der Wertung als auch in der Qualifikation setzte sich U25-Europameisterin Ann-Kathrin Lidner mit ihrem FBW Sunfire gegen die Konkurrenz durch. 76,837 bzw. 76,526 Prozent lauteten die Ergebnisse von Lindner und Sunfire. Jeweils zum zweiten Platz trabten ihre U25-EM-Teamkollegen Hannah Erbe und Carlos. Die Krefelderin, die für den Krüsterhof in Voerde startet, pilotierte ihren rheinischen Carabas-Sohn zu 73,442 bzw. 73,289 Prozentpunkten.
Platz sechs in der Wertungsprüfung ging ebenfalls an eine rheinische Reiterin: Für Paulina Holzknecht (RV Gut Jagenberg) und Ein Traum wurden 70,302 Prozent notiert. In der Einlaufprüfung war dieses Paar Siebter geworden mit 70,289.
Mit Joana Peterka (FK Grand Prix Düsseldorf) konnte sich außerdem die amtierende Rheinische U25-Meisterin in der Einlaufprüfung eine Schleife sichern: Im Sattel von Davidoff ter Kwincke sammelte sie hier 70,579 Prozentpunkte und wurde Fünfte.