
Letztes Jahr gewann der Westfalen-Hengst Vayron mit Daniel Bachmann Andersen unter dänischer Flagge olympisches Mannschaftssilber in Paris. Danach zog er um zu Ingrid Klimke. Noch sind die beiden in der Findungsphase, aber heute in Hamburg haben sie einen Meilenstein erreicht.
Mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 74,5 Prozent gewannen Ingrid Klimke und Vayron den neuerdings als Fünf-Sterne-Tour ausgeschriebenen Grand Prix von Hamburg. Den beiden gelang eine fehlerfreie Prüfung mit Höhepunkten. Neben den Trabverstärkungen zählten die weit kreuzenden und geschmeidigen Trabtraversalen, die beiden losgelassenen, geraden und weit durchgesprungenen Serienwechseltouren und überhaupt die Genauigkeit in der Aufgabe dazu. Luft nach oben war noch in den Pirouetten, die eher gestemmt als gesprungen waren. Aber alles in allem merkt man, dass die beiden immer mehr zu einem Team zusammenwachsen und immer mehr an Sicherheit und Stabilität gewinnen.
Dabei sei sie ganz ohne Erwartungen hier nach Hamburg gekommen. „Ich dachte, ich erwarte mal nichts und gucke was passiert. Zuhause habe ich ganz oft ein gutes Gefühl. Aber die Kunst ist es ja, in der Prüfung das Puzzle zusammenzusetzen.“ Das hat heute geklappt. „In Hagen war ich noch mehr Beifahrer. Heute hat er schön gewartet und zugehört. Vayron war von Anfang an unheimlich gelassen und war die ganze Zeit bei mir – es hat totalen Spaß gemacht“, fasste Ingrid Klimke ihr Reitgefühl heute im Viereck zusammen.
Seit Oktober steht Vayron nun bei ihr im Stall. „Und ich habe jeden Tag gedacht, was es für ein Geschenk ist, dass dieses Pferd nun da ist!“, betonte Klimke. Was die größte Herausforderung für sie gewesen sei, als sie Vayron übernahm? „Ich habe noch nie ein so großes, rechteckiges Pferd gehabt!“ Darum habe sie anfangs „erstmal die Bügel übergeschlagen und Aussitzen geübt“. Woran sie noch arbeiten, sei das Selbstbewusstsein des Vitalis-Sohnes. „Er kann alles, ich muss mich auf ihn einstellen“, sagt die Reitmeisterin. Dabei hat sie Hilfe von Bundestrainerin Monica Theodorescu. „Als ich ihn bekam, hat sie mir versprochen, dass sie jede Woche vorbeikommt. Das hat sie auch gemacht. Insofern fühlt es sich noch besser an, dass wir das nun zusammen feiern können. Nicht, dass sie die Fahrten umsonst gemacht hätte.“ Offensichtlich nicht.
Platz zwei nach Schweden
Zum ersten Mal in Hamburg und spätestens nach der zweiten Grußaufstellung schon Publikumsliebling – so erging es heute der Schwedin Sofie Lexner auf der zwölfjährigen KWPN-Stute Inoraline. Mit 72,413 Prozent belegten die beiden Rang zwei nach einer schwungvollen Trabtour mit Highlights in den Verstärkungen sowie Piaffen und Passagen. In der Galopptour kam etwas Spannung auf, die Stute schien nicht mehr so losgelassen über den Rücken zu arbeiten, wie noch im Trab. Aber Lektionsfehler blieben aus und so brachten sie die Prüfung sicher „nach Hause“.
Dass Inoraline passagiert wie ein Metronom, scheint in der Familie zu liegen. Das war auch schon eine Stärke ihres älteren Halbbruders Watermill Scandic. Wie Scandic stammt auch Inoraline aus der Zucht des ehemaligen Teamvets der Niederlande, Jan Greve. Entdeckt wurde sie von Lexners Landsmann Patrik Kittel, der ja seinerzeit Watermill Scandic geritten hat. Seit 2024 ist sie mit Sofie Lexner im internationalen Sport im Einsatz. Das heute war das zweitbeste Ergebnis der gemeinsamen Karriere des Paares.
Werth und Special Blend Dritte
Zehn Jahre jung ist Isabell Werths Newcomer Special Blend, der in Hagen seinen ersten internationalen Grand Prix ging. Das heute war Prüfung Nummer fünf nach seinem Nationenpreiseinsatz in Lier. Er beendete sie mit 70,870 Prozent auf Rang drei.
Der Oldenburger Sezuan-Sohn beeindruckt durch seine Erscheinung und die Erhabenheit seiner Bewegungen. Auch hat er Talent für Piaffen und Passagen. In den Piaffen fußte er gut ab und sie gelangen bereits recht sicher am Platz. Die Passagen sind federnd und mit Abdruck, jedoch hätte man sich noch mehr Gleichmaß und mehr Lastaufnahme gewünscht.
Mit ihrem vierbeinigen Partner war Werth zufrieden, mit sich selbst weniger nach mehreren Patzern, unter anderem in beiden Wechseltouren. „Vieles war besser, der Schritt gelassener. Aber in der Galopptour bin ich nicht so toll geritten“, lautete ihr selbstkritisches Fazit.
Die nächste Chance es besser zu machen, hat sie im Grand Prix Special am Samstag. Wie Ingrid Klimke und Vayron werden Werth und Special Blend den „klassischen Weg“ wählen, während Sofie Lexner und Inoraline in der Kür an den Start gehen und hier einen „Girl Power Freestyle“ versprechen.
Rang vier für ein weiteres neues Paar
Nicht nur für Werth und Special Blend ist Hamburg das dritte gemeinsame Turnier. Das gilt auch für das Paar auf dem vierten Platz, Carina Scholz mit dem Oldenburger Vivaldi-Sohn Blue Hors Veneziano. 69,326 Prozent erhielt das Paar, ihr bislang bestes Ergebnis trotz eines dicken Patzers in der Rückführung aus dem starken Galopp. Schon bei der Grußaufstellung legten sie eine Visitenkarte ab. Überhaupt ritt auch Scholz eine sehr korrekte Prüfung, wobei man sich die Anlehnung zufriedener wünschen würde.
Hamburg mag das dritte gemeinsame Turnier für Scholz und Blue Hors Veneziano als Paar sein, aber anders als etwa ein Special Blend hat der Hengst bereits reichlich Prüfungserfahrung. Einst Sieger im Louisdor-Preis Finale unter Daniel Bachmann Andersen, war der „Neffe“ von Vererberlegende Don Schufro (die Mutter ist eine Vollschwester) zuletzt U25-Pferd für die Bereiter des Gestüts Blue Hors. Im November vergangenen Jahres wechselte er in den Besitz des Ehepaares Scholz. Eine spontane Entscheidung, wie Carina Scholz erzählte.
„Ein Bekannter hat uns erzählt, dass das Pferd zum Verkauf steht. Mein Mann hat gesagt, er solle ihm mal ein Video zeigen. Er hat es sich angesehen und dann haben wir ihn gekauft – ohne Ausprobieren, ohne alles.“ Sie selbst sei eher skeptisch gewesen, aber nun sei sie zufrieden mit der Wahl ihres Mannes – „Ausnahmsweise! Unsere Meinungen gehen das schon mal ein bisschen auseinander, aber hier hat er alles richtig gemacht“, lobt sie mit Augenzwinkern.
Ihr Fazit zum heutigen Tag? „Sehr gut!“ Vor allem angesichts der Tatsache, dass Blue Hors Veneziano seinen Job im Viereck so gut kennt. „Er hat da ein bisschen seinen eigenen Kopf und dementsprechend suchen wir da noch ein bisschen die Knöpfe. Aber ich würde sagen, heute sind uns schon viele Dinge sehr gut gelungen, auch wenn wir noch ein paar Fehler drin hatten.“
Burg-Pokal Siegerin vor Bundeschampionesse
Begonnen hatte der Tag mit dem Prix St. Georges der kleinen Tour. Hier setzte sich die Siegerin im Nürnberger Burg-Pokal von 2023, Skovens Tzarina unter Isabell Werth, mit 74,118 Prozent gegen die 2021er Bundeschampionesse der fünfjährigen Dressurpferde durch, Boa Vista und Greta Heemsoth. Für die nun neunjährige Hannoveraner Bon Coeur-Tochter gab es 73,480 Prozent. Rang drei sicherte sich Sofie Lexner im Sattel der zehnjährigen Kawira v. Franklin (71,596).
Carlotta Wittmann auf Finalkurs im Pony-Derby
Heute fand die erste von zwei Qualifikationen für das Deutsche Pony-Derby statt, das wie alle Derby-Entscheidungen auf dem Viereck mit Pferdewechsel ausgetragen wird. Ins Finale kommen die besten drei Paare. Stand heute wären das Lilli von Helldorff (HAN) mit Dobbi Dobsen, Lisa Marie Westrup (WEF) auf Terbofens Quick und das rheinische Duo Carlotta Wittmann auf Deinhard B. Lilli stand bei allen drei Richtern auf Rang eins mit 72,564 Prozent. 70,598 Prozent wurden es für Lisa Marie. Carlotta und Deinhard B schrammten mit 69,787 Prozent knapp an der 7 vor dem Komma vorbei. Ebenfalls platziert waren als Fünfte nach einer 67,992 Prozent-Runde auch das zweite Paar unter grün-weißer Flagge, Emily Sunshine Thurn Steendieks Dodi Alfajet.
Die zweite Qualifikation für die Ponyreiter steht morgen auf dem Programm, das Finale am Sonntag. Die Start- und Ergebnislisten in der Übersicht finden Sie hier.