Am letzten Tag des Wiesbadener Pfingstturniers sorgte Elia Simonetti im Großen Preis für eine Überraschung und vor allem dafür, dass beim Höhepunkt der Springreiter nach 61 Jahren mal wieder „Il Canto degli Italiani“ über den Parcours im Wiesbadener Schlosspark tönte.
61 Jahre ist es her, dass ein Italiener den Großen Preis von Wiesbaden gewinnen konnte. Elia Simonetti machte es möglich. Nur fünf Paare hatten das Stechen um den Großen Preis erreicht. Hier waren es drei, denen eine zweite fehlerfreie Runde glückte. Mit 37,47 Sekunden waren Simonetti und sein vierbeiniger Partner Li La Bo die schnellsten Nuller. Platz zwei holte Georgia Time im Sattel des neunjährigen Hengstes Be Golden Lynx nach Großbritannien (37,60). An dritter Stelle reihte sich Maximilian Lill auf dem zehnjährigen OS-Hengst Casallco’s George PS ein (38,18).
Dabei kann man nicht unbedingt sagen, dass Elia Simonetti die Favoritenrolle in diesem Springen inne hatte. Der 31-jährige ist die Nummer 282 der Weltrangliste, Championatserfahrung hat er keine und dies war sein erster Vier-Sterne-Sieg. In Wiesbaden trafen Simonetti auf Namen wie Whitaker, Schüttert, Will, Jung, Breen, Alvarez Moya usw. Von daher war es schon ein kleiner Überraschungserfolg. Aber irgendwann ist ja immer das erste Mal und wenn man Simonetti hört, dann wird Li La Bo dafür sorgen, dass es nicht das letzte Mal war. „Dieses Pferd ist ein richtiges Siegerpferd, ich habe ihn jetzt seit zwei Jahren und mit ihm geht es seither in meiner Karriere bergauf.“
Li La Bo ist ein 13-jähriger Holsteiner Wallach v. Uriko aus der Zucht von Lothar Steuer. Er vertritt einen hocherfolgreichen Stamm. Die Mutter Arielle v. Casall ist die Vollschwester des Prämienhengstes Central Park und brachte auch den gekörten Komme Casall TN v. Comme il faut. Die dritte Mutter, Gracia III v. Sandro, hat fünf gekörte Söhne: Chello I, II und III v. Contender, sowie die ebenfalls sporterfolgreichen Brüder Castellan I und II.
Weitere Platzierte
Von den genannten Konkurrenten konnten sich einige unter die Platzierten mischen. Mit den Top drei im Stechen ritten Tom Schewe auf Dopamine des Vains und Hendrik-Jan Schuttert mit Kailon. Schewe und seine französische Arko-Tochter waren blitzschnell, 35,95 Sekunden, bezahlten den Mut zum Risiko aber mit einem Abwurf. Schutterts Zeit von 37,23 Sekunden hätte ebenfalls zum Sieg gereicht, aber auch bei ihm und seinem KWPN-Wallach v. Etoulon war eine Stange gefallen.
Mit jeweils flotten Vier-Fehler-Runden im Normalparcours folgten in dieser Reihe Jack Whitaker (GBR) auf Valmy de la Lande, David Will mit Borgia, Shane Breen (IRL) im Sattel von Cato Boy, Emile Baurand auf Champ, Daniel Meech (NZL) mit Ortolaan van het Ruytinxbos, Michael Jung mit DuoPower und Karim Elzoghby (EGY) im Sattel von Zandigo.
Preis des Hessischen Ministerpräsidenten an Tuganow
Eigentlich ist Vladimir Tuganow Vizepräsident der Russischen Reiterlichen Vereinigung. Aber da russische Reiter und Pferde aufgrund des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine für die Teilnahme an FEI-Turnieren gesperrt sind, entschied er 2023, fortan für Palästina zu reiten. So war es die Nationalhymne Palästinas, die in Wiesbaden erklang, nachdem Tuganow den Preis des Hessischen Ministerpräsidenten am Sonntag für sich entschieden hatte.
Hier waren es nur vier Paare, die den 1,55 Meter Normalparcours – „schwierig und hoch“, wie ihn der spätere Sieger einordnete – ohne Abwurf hinter sich brachten. Tuganow hatte auf den elfjährigen KWPN-Hengst Jurry Bleu K v. Zirocco Blue gesetzt und der erfüllte alle Erwartungen. In 48,68 Sekunden war er schnellstes Pferd von allen und noch dazu fehlerfrei. Das galt zwar auch für die Pferde von Matias Larocca aus Argentinien und Chad Fellows aus Großbritannien, doch weder Laroccas Padron van de Dweerhoeve (49,90) noch Fellows‘ Conquida de Regel (51,89) kamen an Jurry Bleus Zeit heran.
Das vierte Paar im Stechen waren die 24-jährige Clara Blau, amtierende Deutsche Meisterin der U25-Springreiter, und ihr vierbeiniger Neuzugang, die erst neunjährige Westfalen-Stute Bellina Royale. Eigentlich war es immer ihr Ungar Paul, der Blau zu den großen Erfolgen getragen hat, nun bekommt er Konkurrenz – auch wenn es diesmal zwei Abwürfe gab. Clara war trotzdem begeistert von ihr: „Wir hatten wenig Erwartungen. Die Stute ist ja erst neun und ich habe sie erst im letzten Jahr gekriegt“, berichtete sie. Warum ausgerechnet dieses Pferd? „Bellina Royale kam über eine gute Freundin, die meinte, das Pferd würde genau zu mir passen, weil sie ein bisschen ,bekloppt‘ sei.“ Als sie das erzählte, musste Clara selbst lachen. Vollkommen ernst meinte sie es, als sie ergänzte: „Ich war heute absolut begeistert von der Stute, sie hat das super gemacht.“