Pferd in der Box
Pferd in der Box

Update zur Herpes-Situation in Krefeld

Nach dem gestrigen Bericht über die Herpes-Ausbrüche im Rheinland gibt es neue Informationen zur Sachlage im Kreis Krefeld.

Der ortsansässige Tierarzt Dr. Paul Große-Hackmann weiß von drei Betrieben mit Herpes-Fällen und von drei toten Pferden. Zwei der betroffenen Betriebe liegen unmittelbar nebeneinander. Ein typisches Szenario für die Herpes-Problematik, wie Dr. Große-Hackmann erklärt. „Anders als zum Beispiel Druse Bakterien oder Grippeviren, wird Herpes in erster Linie von Pferd zu Pferd übertragen. Die Paddocks der Höfe grenzen aneinander.“

Der Ausbruch ist allerdings nun auch schon drei Wochen her. Das letzte Pferd mit Krankheitsanzeichen wurde vor einer Woche positiv getestet. Seither ist Ruhe. Große-Hackmann hegt darum die Hoffnung, dass langsam Entwarnung gegeben werden kann. „Da wir jetzt keine Pferde mit klinischen Symptomen mehr hatten, bin ich zuversichtlich, dass sich das nun totläuft.“ Sichergehen könne man aber erst nach zwei bis drei Wochen ohne weiteren Krankheitsfall. „Dann müssen die Pferde noch einmal mittels eines PCR-Tests (Abkürzung für engl. polymerase chain reaction test, bekannt auch von Corona-Tests, Anm. d. Red.) untersucht werden.“ Ist dieser Test negativ, kann zumindest gesagt werden, dass das Pferd zum Zeitpunkt des Tests kein Virusausscheider war.

Denn das ist die Crux bei Herpes – anders als zum Beispiel bei einer Influenza Infektion ist das erkrankte Tier nach einem EHV Ausbruch nicht immun. Es kann sich wieder anstecken und dann nicht selten sogar stärker als zuvor. Einen Grund zur Panik sieht Dr. Große-Hackmann dennoch nicht. „Herpes ist eine typische Erkrankung des Winterhalbjahrs. Das Virus überträgt sich besonders gut bei feucht-kaltem Wetter. Nun ist es trocken und sonnig. Die UV-Strahlen töten die Viren ab und in zwei Wochen haben wir Mai, dann beginnt der Sommer.“ Mit anderen Worten, je mehr Zeit vergeht ohne weitere Erkrankung, desto wahrscheinlicher ist es, dass dem Kreis Krefeld ein schlimmer Seuchenausbruch wie der vor drei Jahren erspart bleibt.

Umso wichtiger ist jetzt besonnenes Handeln seitens der betroffenen Ställe. Neben den bekannten Hygienemaßnahmen sollten die Pferde am besten in den Boxen bleiben, rät der Tierarzt, wissend, dass das andere Probleme mit sich bringen kann. „Natürlich hat das viele Nachteile. Aber bei Herpes ist es entscheidend, dass die Pferde untereinander so wenig Kontakt wie möglich haben, damit die Viren keine Chance haben, sich zu verteilen. Wenn die Pferde in ihren Boxen bleiben, haben sie maximal zu ihren Nachbarn Kontakt.“ Gleichzeitig sei frische Luft das oberste Gebot. „Wenn alle Türen und Fenster geschlossen gehalten werden, steigt der Infektionsdruck enorm.“

Auch das ist eine Besonderheit bei Herpes: Die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Ausbruch kommt, steigt mit der Anzahl der Viren, denen das Pferd ausgesetzt ist. „Fast alle Pferde tragen Herpes Viren in sich. Individueller Stress kann der Verursacher eines Ausbruchs sein, aber auch Infektionsdruck. Mit wenigen Viren kann der Körper fertig werden, aber irgendwann werden es zu viele“, so Große-Hackmann. Was der Grund dafür ist, weshalb auch geimpfte Pferde an Herpes erkranken und sogar sterben können. Dass trotzdem zu einer Impfung geraten wird, liegt daran, dass geimpfte Pferde weniger Viren ausscheiden und der gesamte Bestand dadurch besser geschützt ist, erklärt der Tierarzt. Aber auf keinen Fall sollte gegen Herpes impfen, wenn bereits Viren vorhanden sind.

Ein Stall in unmittelbarer Nachbarschaft der betroffenen Höfe ist der Reitverein Ottohof e.V. Eine Sprecherin erklärte, bei ihnen sei glücklicherweise kein Pferd erkrankt. Damit das so bleibt, habe man alle gebotenen Hygienemaßnahmen getroffen. „Wir messen jeden Tag Fieber, vermeiden den Kontakt zu fremden Pferden, desinfizieren usw.“ Zudem stehe man mit den betroffenen Nachbarhöfen in Austausch. Grund zur Panik sieht man auch hier nicht: „Wir sind nicht in völliger Hysterie. Man kennt das ja.“

Vorsicht ist dennoch geboten, wie Dr. Große-Hackmann noch einmal betont: „Herpes kann immer ausbrechen, weil das Virus in fast allen Pferden schlummert und es nur einen Auslöser geben muss, zum Beispiel Stress.“ Aber er sagt auch noch einmal, dass mit dem zu erwartenden wärmeren Wetter die Herpes-Saison endet.

Pferdebesitzer der Region sind dennoch beunruhigt. Pablo Klose Piontek, der mit seiner Frau 15 Pferde hält, berichtet, dass sie sämtliche Turnierstarts abgesagt haben. Seines Wissens nach seien „etwa 20 Pferde“ erkrankt. Seine Meinung: „Die Lage ist weiterhin akut und keineswegs als entspannt einzuschätzen.“

Eine realistische Gefahrenanalyse wird vor allem dadurch erschwert, dass Herpes keine meldepflichtige Krankheit ist und es somit keine gesicherten Daten gibt. Es kommt dennoch vor, dass die Veterinärämter über den Stand der Dinge informiert sind. In Krefeld nicht, wie man dort auf Nachfrage mitteilte: Der Stadtverwaltung lägen „keinerlei Meldungen zu etwaigen Ausbrüchen vor“.

Es liegt also an den Pferdebesitzern und Stallbetreibern, sich verantwortungsbewusst zu verhalten, keine unnötigen Kontakte zuzulassen und neben den vorbeugenden Maßnahmen im Falle eines Ausbruchs den Ratschlägen der Tierärzte unbedingt Folge zu leisten.

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