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Spezial14

Spezialfälle

Die Arbeit des Schmiedes gleicht oft der eines Detektivs. Alle Indizien und Faktoren müssen richtig gedeutet werden, um den besten Beschlag für ein Pferd zu kreieren. RRP hat bei Manuel Naber – dem Hufschmied der Pferdeklinik Burg Müggenhausen – nachgefragt, mit welchem Spezialbeschlag man ein Pferd bei den gängigsten Krankheiten des Bewegungsapparates unterstützen kann.

Oft bekommt man als Pferdebesitzer den Eindruck, dass manche Krankheitssymptome regelrecht „in Mode“ sind. Gefühlt wird jedes dritte Pferd in der Stallgemeinschaft entweder monatelang Schritt geführt, da es einen Schaden am Fesselträger hat, oder vom Osteopathen des Vertrauens am Iliosakralgelenk behandelt. Woran liegt es, dass oft viele Pferde von dem gleichen Krankheitsbild betroffen sind? „Seit einigen Jahren tritt der Fesselträgerschaden bei Reitpferden immer häufiger an den Hinterbeinen auf. Das liegt zum großen Teil an unseren modernen Reitböden, die zwar sehr schön federn, aber das Pferd kann in diesen Boden nicht mehr wirklich eindringen, sondern läuft eher auf der Oberfläche“, erklärt Manuel Naber. „Bis vor zehn Jahren hatten wir Hufrollenprobleme, da die Böden sehr tief waren. Diese Problematik sehe ich heute nur noch selten. Mittlerweile wird der Fesselträger hinten zu stark beansprucht, da der Huf nicht mehr in den Boden hineingleiten kann. Es gibt immer einen kurzen, stockenden Moment, wenn das Pferd untertritt.“ Mit dieser Problematik geht auch die Rückenblockade einher, da der normale Bewegungsablauf des Pferdes beeinträchtigt wird.

Bis dato entstand der Fesselträgerschaden meistens an den Vorderbeinen und konnte mit Spezialbeschlägen wie Denoix-, Rund – oder Eiereisen in der Genesungszeit gut unterstützt werden. Derartige Beschlagsvarianten sind bei dem Fesselträgerschaden an den hinteren Extremitäten eher kontraproduktiv, da sie den Hinterhuf noch weniger in den Boden hineingleiten lassen.

„Das Einzige, was nach meiner Erfahrung bei Fesselträgerschäden hinten wirklich hilft, ist eine flache, breite Zehenrichtung anzuschleifen. Es darf kein runder, sondern muss ein richtig gerader Schliff sein, damit der Hinterhuf – ohne die störende Kante des Eisens – besser in den Boden hineingleiten kann. Das beruhigt den Fesselträger. Man muss nur darauf achten, dass das Pferd immer noch Druck mit dem Eisen aufbauen kann, um sich abdrücken zu können, sonst verfliegt die kinetische Energie. Mittlerweile verwende ich diese Modifikation meistens prophylaktisch bei Pferden, die auf solchen Böden laufen. Dieser Beschlag hat keinen negativen Einfluss und kann auch durchgängig verwendet werden“, so Naber.

Moderne Reitböden, die mehr federn, haben keinen derartigen negativen Einfluss auf die Vorderhufe, da diese gleichmäßig auf den Boden auftreffen und nicht – wie die Hinterhufe – in den Boden eindringen müssen. Trotzdem können natürlich auch hier – sei es durch einen Unfall oder durch zu hohe Beanspruchung – Fesselträgerschäden entstehen. „Wenn bei Pferden der Fesselträger an den Vorderbeinen in Mitleidenschaft gezogen ist, muss man immer noch unterscheiden, in welchem Bereich der Schaden aufgetreten ist. Verletzungen am Fesselträgerursprung muss man anders durch den Beschlag korrigieren als zum Beispiel eine Auffaserung am Fesselträgerschenkel“, weiß der Hufschmied. „Gute Ergebnisse erzielt aber auf jeden Fall das Denoix-Eisen. Dieses hat vorne einen breiten Zehenteil und die Schenkel sind hinten schmaler geschmiedet. Dadurch bleibt die Zehe auf dem Boden und die Tracht sinkt ein wenig ein. Durch diesen Effekt muss die Fessel nicht so tief gebeugt werden. Die Hufbeugung übernimmt einen kleinen Teil der ursprünglichen Bewegung der Fessel, wodurch diese geschont wird“, erklärt Manuel Naber. „Wenn man Eiereisen oder Rundeisen zur Therapie eines Fesselträgerschadens verwendet, bringt das eine Verkürzung der Sehnen mit sich, da sie nicht mehr in dem Maße verwendet werden. Diesen Beschlag kann man dann nur sehr langsam wieder rückgängig machen, indem man den eingeschweißten Steg schrittweise schmaler schleift.“

Hier wurde eine Keilplatte aus Leder verwendet, da dieses Material atmungsaktiver ist. Foto: Manuel Naber

Materialalternativen aus Kunststoff und Aluminium

Ob geklebt oder genagelt, der Kunststoffbeschlag erfreut sich immer größerer Beliebtheit, sollte aber nach Ansicht von Manuel Naber mit Vorsicht eingesetzt werden. „Gerade in Offenställen ist es manchmal so, dass alle Pferde aus Sicherheitsgründen hinten nur Kunststoffeisen tragen dürfen“, so der Hufschmied. „Der Kunststoffbeschlag sollte meiner Meinung nach aber nur zu therapeutischen Zwecken verwendet werden, da er sehr weich ist und die Wahrnehmung des Pferdes beeinträchtigt. Wenn ein Pferd einen harten Boden realisiert, erhöht es die Muskelspannung, um sich zu schützen und nimmt sich auch zurück in der Bewegung. Wenn ich jetzt nun einen weichen Kunststoffbeschlag verwende, suggeriere ich immer einen weichen Boden und das Pferd schont sich nicht mehr so, wie es sich eigentlich schonen sollte, was immer auf Kosten der Gelenke geht.“

Dazu kommt, dass der Kunststoffbeschlag deutlich dicker ist als ein normales Eisen, manchmal sogar doppelt so dick. Das heißt, dass das Pferd noch höher aufgebaut ist, was nicht förderlich für den Bewegungsablauf ist. „Vorsichtig sollte man mit den Kunststoffbeschlägen an den Hinterhufen sein, denn das Eingleiten der Eisen in den Boden wird durch den Kunststoff erheblich gehindert. Das führt dazu, dass die Pferde sich festhalten und um das zu kompensieren im Lendenbereich sehr oft Muskeln zubilden, die da nicht hingehören“, so der Hufexperte.

„Sinnvoll sind die Kunststoffbeschläge jedoch auf jeden Fall bei Therapieeinsätzen wie Arthrose, Hufknorpelverknöcherungen oder Knorpelschäden in Huf-, Kron- oder Fesselgelenk, da die Stöße deutlich gedämpft werden. Ich würde auch immer eher zum Kunststoffbeschlag als zu einem Polster greifen, denn die Platte zwischen Huf und Eisen hat keine große federnde Wirkung. Vor allem bei einem akutem Reheschub verwenden wir in der Klinik oft einen geklebten – sehr weichen – Kunststoffbeschlag. Dieser hat den Vorteil, dass man zusätzlichen Druck durch die Nägel in der Hufwand vermeiden kann. Allein das Aufnageln ist für Rehepferde schon meist sehr schmerzhaft.“

Hierbei handelt es sich um einen zehenoffenen Beschlag für ein Rehepferd. Foto: Manuel Naber

Neben dem Kunststoffbeschlag gibt es als Alternative zum normalen Eisen noch Aluminiumeisen. „Gerade bei Dressurpferden mit sehr feingliedrigem Fundament nimmt man gerne Eisen aus Aluminium, da diese deutlich leichter sind. Auch Pferde, die in der Bewegung ihre Gliedmaßen nicht gerade führen, kommen mit Aluminiumeisen besser zurecht, da durch das geringe Gewicht die Fliehkräfte reduziert werden“, erklärt Manuel Naber. „Der große Nachteil bei Aluminiumeisen ist natürlich der Abrieb, da es ein sehr weicher Werkstoff ist. Dieser Beschlag eignet sich nicht unbedingt für Freizeitpferde, die viel ausgeritten werden und deren Eisen viel Kontakt mit steinigen Böden haben. Das Aluminiumeisen ist eher ein Performance-Beschlag mit Bewegungsoptimierung für Sportpferde.“

Vorsicht bei Platten -und Polsterbeschlägen

Eine weitere Form des Spezialbeschlages ist die Verwendung einer Platte aus festem Gummi, die zwischen Eisen und Huf angebracht wird oder der sogenannte Polsterbeschlag. „Diese Form von Beschlag muss für mich immer eine ganz feste Indikation haben, da er auch sehr viele Nachteile mit sich bringt. Da das Pferd sich schnell an diese Art von Beschlag gewöhnt, ist der Rückweg – ähnlich wie der Weg vom Eisenträger zum Barhufer – sehr schwer. Abgesehen davon leidet der Strahl sehr darunter, da durch den Feuchtigkeitsstau das Gewebe aufweicht und so Bakterien leichter eindringen können. Zudem kann man den Strahl nicht richtig sauber halten.“

Deswegen benutzt Manuel Naber eine Platte oder ein Polster immer nur zu therapeutischen Zwecken. „Wenn ich den Sohlenbereich schützen möchte, wie zum Beispiel bei einer Huflederhautentzündung, macht eine Platte oder ein Polster natürlich Sinn. Es gibt aber auch Pferde mit sehr empfindlichen Sohlen, was genetisch bedingt ist. Gehen diese viel ins Gelände oder sind einer hohen Belastung ausgesetzt, laufen sie schnell fühlig. Hierbei kann man die Symptome wirklich lindern, indem man eine Platte oder ein Polster unter das Eisen setzt.“

Auch wenn ein Teilbereich des Hufes entlasten werden muss, kommen Platten – oder Polsterbeschläge zum Einsatz.  „Muss ich bei einem Pferd beispielsweise einen Hornspalt behandeln, kann man die Last des Hufes durch einen Polsterbeschlag umverteilen und den betroffenen Wandbereich aus der Last heben. Das gleiche Prinzip verwendet man für einen Rehebeschlag. Hierbei kommt ein zweidrittel Polster zum Einsatz, bei dem die Zehe frei bleibt. So wird der Huf entlastet und das Hufbein unterstützt.“

Der Huf – ein Balanceakt

Viele Verletzungen oder Erkrankungen bei Pferden müssen mit temporärem Spezialbeschlag gelöst werden. Doch wie so oft ist weniger manchmal mehr. „Die meisten gesundheitlichen Probleme der Pferde resultieren daraus, dass die Hufe nicht ausbalanciert sind. Dabei ist das gar kein Hexenwerk, denn die Sohlenfläche des Hufes und die Strahlposition liefern so viele wichtige Informationen. Die Pferde laufen besser mit einem korrekten, aber einfachen Beschlag als mit einer wilden Spezialkonstruktion. Standardeisen, die leicht modifiziert sind, bringen das Pferd in die Balance und die Probleme sind passé”, betont der Hufschmied.

„Selbst ohne Röntgenbilder gibt der Huf schon genug Informationen preis, wie der Beschlag aussehen soll. Sehr viele Pferde kommen zu uns in die Klinik, deren Hufbeine hinten einen negativen Winkel haben, das heißt, dass der Huf hinten zu flach steht und eine lange Zehe hat. Das lässt sich ganz einfach feststellen, indem man eine gedachte Linie vom Kronenrand auf das Vorderbein zieht. Im Idealfall trifft diese auf das Vorderfußwurzelgelenk. Wenn die Linie jedoch deutlich höher geht und auf den Ellenbogen zeigt, weiß man, dass dieses Pferd einen negativen Hufbeinwinkel hat. Überspitzt gesagt, wäre das so, als wenn wir einen Stöckelschuh verkehrt herumtragen würden. Der Motor ist dann sozusagen aus, da das Pferd keine Schubkraft mehr entwickeln kann.”

Ist die Fehlstellung erst einmal erkannt, ist die Korrektur nicht allzu schwer. „Oft lässt sich das beim Beschlagen schon durch das Hufmaterial korrigieren oder man legt für eine gewisse Zeit einen Keil ein, den man dann schrittweise über die Beschlagsperioden wieder herunternimmt, bis der Hufbeinwinkel wieder korrekt ist.”

Neben dem richtigen Hufbeinwinkel gibt es noch weitere Faktoren, die über die Balance des Pferdes entscheiden und die man schon bei der Betrachtung des Hufes feststellen kann. „Der Abrollpunkt des Hufes (der Beginn der Zehenrichtung) soll ungefähr – je nach Hufgröße – 25 bis 35 Millimeter vor der Strahlspitze liegen, denn genau dort verläuft das Hufbein. Das ist etwas, das man von unten ausmessen kann. Wenn man jetzt den Huf hochhebt und der Strahl hört in der Mitte schon auf und das Eisen sitzt ganz vorne, dann erkennt man, dass die Zehe dieses Pferdes viel zu lang ist. Daraus können Probleme mit dem Hufgelenk oder mit der Sehne entstehen. Das ist aber relativ leicht zu lösen, indem man das Eisen etwas nach hinten schiebt und an den richtigen Abrollpunkt setzt.”

Abgesehen von dem Gespräch mit dem Besitzer über die momentane Verfassung des Pferdes, sollte sich der Schmied das zu behandelnde Pferd immer im Schritt und im Trab vorführen lassen, um den Huf und den Bewegungsablauf des Pferdes richtig beurteilen zu können. „Es ist absolut essenziell, ein Pferd in der Bewegung zu beurteilen. Schon allein der Moment, in dem das Pferd aus der Box herauskommt, ist extrem wichtig zur Beurteilung”, erläutert Manuel Naber. „Steht das Pferd nicht korrekt auf den Hufen, kann es auch nicht richtig ruhen. Wenn zum Beispiel die Trachte zu flach oder zu steil ist, kann das Unterstützungsband nicht arbeiten. Somit kann das Pferd nicht richtig ruhen und muss die ganze Zeit eine gewisse Muskelkontraktion erhalten. Solche Pferde kommen dann deutlich steifer aus der Box als andere – oder rutschen immer auf den ersten Metern auf der Stallgasse aus.”

Einen weiteren Anhaltspunkt liefern die alten Eisen des Pferdes, da der Abrieb am Eisen verrät, wie das Pferd die Hufe beim Auftreten belastet.

Beschlagsperiode

Neben dem korrekt sitzenden Eisen ist auch der Abstand zwischen zwei Beschlägen immens wichtig. „Wenn die Pferde nur alle acht oder zehn Wochen beschlagen werden, dann nützt auch der beste Schmied nichts. Das liegt aber ganz klar in der Verantwortung der Besitzer”, bekräftigt Manuel Naber. „In acht Wochen wächst der Huf bei den meisten Pferden so viel, dass ich vor dem neuen Beschlag bestimmt einen Zentimeter abkneifen müsste und das ist bei einer durchschnittlichen Huflänge von zwölf Zentimetern schon ein ganz schön großer Sprung für den Bewegungsapparat. Die Umstellung ist einfach zu groß”, erklärt er. „Bei mir in der Kundschaft befindet sich kein Pferd, das länger als sechs Wochen bis zum neuen Beschlag läuft. So erreicht man, dass die Hufe des Pferdes sich immer im gleichbleibenden Mittelmaß befinden. Pferde im Spitzensport werden sogar alle vier Wochen beschlagen, damit sie sich immer auf einem Level bewegen.”

Ein perfekt ausbalancierter Huf nach dem Beschlag, bei dem die Huf-Fesselachse stimmt. Foto: Manuel Naber

Es ist nicht alles Kupfer, was glänzt

Viele Pferde sind heute mit Kupfernägeln beschlagen, da den roségoldenen Nägeln eine antiseptische Wirkung nachgesagt wird. Doch stimmt das wirklich? „Ich persönlich sehe keinen Vorteil in der Verwendung von Kupfernägeln. Theoretisch sollen die Kupferionen die Zellteilung der Bakterien verhindern. Das funktioniert aber nur bei Materialstoffen, die mehr als 70 Prozent Kupfer beinhalten, wie bei Messing zum Beispiel. Diese angeblichen Kupfernägel sind aber ganz normale Nägel, die mit einem Hauch von Kupfer bestäubt sind. Deswegen ziehen die Kupferionen erst einmal ins schwächere Metall und strömen gar nicht in den Huf aus. Die sogenannten Kupfernägel sind nicht schlechter, aber auch nicht besser. Ich verwende sie auf Wunsch meiner Kunden, aber es gibt immer eine ehrliche Erklärung dazu.“

Ohne Eisen, mit zwei oder vier Eisen?

Viele Pferdenarren vertreten die Meinung, dass man bei einem Pferd immer alle vier Hufe beschlagen muss. Andere verteufeln jegliche Art von Beschlag und lassen ihre Pferde ohne Eisen laufen. „Barfußlaufen ist für mich der absolute Idealzustand“, betont Manuel Naber. „Der Hufbeschlag ist immer ein Kompromiss, denn ich verändere den Huf des Pferdes ja nicht nur positiv, sondern ich schränke auch ein bisschen die Bewegung der Hornkapsel ein. Ich nehme dem Pferd durch den Beschlag das Gefühl für den Boden.“ Doch ohne Beschlag wären viele Pferde nicht reitbar. „Es ist aber auch ein Ergebnis der heutigen Zucht. Immer weniger Pferde können heutzutage barfuß laufen, da oft nicht auf ein gutes Fundament geachtet wird, sondern das Pferd muss höher springen oder ausdrucksstärker traben. Es geht um Performance, nicht um Haltbarkeit.“

Manuel Naber selbst ist ein Verfechter von „Eisen ringsherum“, also einem vollständigen Beschlag. „Das Pferd trägt physiologisch gesehen 60 Prozent seines Eigengewichts auf der Vorhand. Die Fühligkeit tritt also meist zuerst vorne auf und ist für den Reiter deutlich zu spüren. Die Fühligkeit hinten ist für den Reiter meistens nicht so deutlich zu spüren. Wenn man ein Pferd dressurmäßig korrekt reiten will, möchte man ja, dass es hinten Last aufnimmt. Somit werden die Hinterhufe deutlich mehr beansprucht. Deswegen ist es meiner Meinung nach immer sinnvoll, das Pferd ringsherum zu beschlagen. Zudem tritt auch eine Gewichtsveränderung auf, wenn wir nur vorne durch die Eisen Gewicht anbringen. Auch wenn die Eisen in Relation zum Körpergewicht des Pferdes nicht viel wiegen, wird der Bewegungsapparat etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Deshalb ist das Aha-Erlebnis bei den Reitern immer groß, wenn die Pferde auch hinten Eisen bekommen.”

Bockhuf, was nun?

Ein weiteres Thema, an dem sich die Geister scheiden, ist der Bockhuf. Dieser wird oft versucht, durch einen Spezialbeschlag zu korrigieren. Doch muss das wirklich sein? „Erst einmal muss man gucken, wie der Bockhuf erworben wurde. Wenn Fohlen mit einem definierten Bockhuf geboren werden, muss man auf jeden Fall den Huf korrigieren. Andere Fohlen entwickeln jedoch erst im Laufe der Zeit einen flachen und einen steilen Fuß. Das muss aber nicht immer unbedingt ein Bockhuf sein. Bei den Fohlen ist der Hals noch zu kurz, sodass sie immer ein Vorderbein extrem nach vorne und das andere nach hinten stellen. Wird immer nur das eine Bein nach vorne gestellt, wächst dieser Huf flach und der andere Huf steil.“ Doch muss dieser steil gewachsene Huf immer angeglichen werden? „Wenn man ein gerade angerittenes Pferd mit einem flachen und einem steilen Vorderhuf hat, muss man bedenken, dass das Pferd jetzt drei Jahre in diese Ungleichheit hineingewachsen ist und sich nach oben hin ausgerichtet hat. Wenn man sich jetzt vor das Pferd stellt und auf die Vorderfußwurzelgelenke schaut, muss man überprüfen, ob sich auf der Innenseite die kleinen Höcker auf der gleichen Höhe befinden. Denn wenn die Vorderfußwurzelgelenke trotz der ungleichen Hufe auf der gleichen Höhe sind, dann lässt man das Pferd am besten so wie es ist. So ein Pferd würde ich durch eine Korrektur der Hufe in ein Ungleichgewicht bringen. Bei einem Pferd, dessen Vorderfußwurzelgelenke unterschiedlich hoch sind, sollten die Hufe natürlich Schritt für Schritt angeglichen werden. Aber schon im Schritt sieht man deutlich, dass das Pferd mit dem flachen Huf immer regelrecht in ein Loch fällt und das steil gestellte Vorderbein sich immer etwas hölzern bewegt.”

Doch auch äußere Faktoren können zu ungleichen Hufen und im schlimmsten Fall zu Bockhufen führen. „Manchmal kann es auch ein angefüttertes Problem sein. Gerade bei Westernpferden kommt es oft vor, dass die jungen Pferde fettgefüttert werden. Das Pferd schießt in der Höhe nach oben, wobei die Knochen immer schneller wachsen als Sehnen und Bänder. Dadurch stellt sich das Pferd steil“, erklärt Manuel Naber. „Bei ungleichen Hufen ist jeder Huf für sich allein zu beschlagen. Oft müssen auch zwei verschiedene Eisengrößen verwendet werden. Man darf nicht versuchen, den Huf in eine neue Form zu pressen, sondern muss versuchen ihn zu stabilisieren.“

Generell kann man sagen, dass man keine Pauschalantwort auf die Frage nach dem richtigen Spezialbeschlag geben kann, da jedes Pferd anders ist. Erfahrungswerte lassen aber eine gewisse Tendenz erkennen.

Juliane Körner

Der RRP-Experte: Manuel Naber

Manuel Naber ist seit 2014 als Spezialist im Bereich Hufbeschlag in der Pferdeklinik Burg Müggenhausen tätig. Als ursprünglich gelernter Kfz-Mechaniker absolvierte er 2002 am renommierten Western-Gestüt und Trainingsstall Leckebusch in Nümbrecht eine Ausbildung zum Pferdewirt, um sich danach bei Michael Möllmann zum Hufbeschlagschmied ausbilden zu lassen. Zu seinen größten Turniererfolgen im Westernsattel gehören die Bronzemedaillen 2014 und 2015 in der Disziplin Working Cowhorse auf der Deutschen Meisterschaft der DQHA sowie die Auszeichnung zum Nordrhein-Westfalen Champion der DQHA 2015 in mehreren Disziplinen.

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