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Sieg für das Deutsche Dressurteam im Nationen Preis

Wenn ein Dressurstadion unter der Woche mehr als gut gefüllt ist, dann weiß man es ist Nationenpreis-Zeit in Aachen. Bei deutlich kühleren Temperaturen als noch gestern gingen die Reiter in der CDIO5*-Dressur an den Start. Die Deutschen waren dabei in reduzierter Besetzung unterwegs, denn Sönke Rothenbergers Fendi, mit dem er vor kurzem noch Deutscher Meister in der Kür wurde, passierte zwar den Vet-Check, wurde dann aber aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. Das deutsche Team bestand so nur noch aus drei Reitern und hatte damit kein Streichergebnis. Doch Katharina Hemmer, Frederic Wandres und Isabell Werth wurden ihrer Favoritenrolle gerecht und sicherten sich mit 232,065 Punkten mehr als souverän den Sieg. Auf Rang zwei gab es dann eine kleine Sensation, denn noch nie hatte ein Team aus Belgien auf dem Podium des Dressur-Nationenpreises gestanden. Charlotte Defalque, Domien Michiels, Larissa Pauluis und Justin Verboomen behielten die Nerven und lieferten gute Runden. Und so wurden die Reiter aus dem Nachbarland mit 219,804 Punkten heute Zweite. An dritter Stelle ein neu aufgestelltes schwedisches Team mit 216,935 Punkten.

Katharina Hemmer

Den Auftakt für die deutsche Mannschaft machten heute Katharina Hemmer und Denoix PCH. Sie sind als frischgebackene Medaillengewinner der Deutschen Meisterschaften in Balve nach Aachen gereist. Als erstes deutsches Paar im Nationenpreis der CDIO5*-Dressur lieferten sie einen Auftakt nach Maß. Grundsätzlich gehen die Reiter im Grand Prix der Teamwertung noch nicht auf volles Risiko und so ritt auch Katharina Hemmer eine sichere und dabei sehr harmonische Runde. Von Beginn an präsentierte sie den Fuchs in schönem Seitenbild mit einer guten Anlehnung. Der Destano-Sohn zog schön zur Hand und konzentrierte sich die ganze Prüfung über auf seine Reiterin. Die Traversalen gleichmäßig und schwingend zeigte Denoix PCH sich hier durchlässig und zufrieden. Das Rückwärtsrichten war wirkte dann etwas gehetzt. Die erste Piaffe war gut im Bergauf, das Hinterbein hätte aber noch aktiver unterfußen dürfen. Im starken Schritt hätte man sich gewünscht, dass der Wallach noch mehr zum gelassenen Schreiten findet, was im Verlauf der Lektion aber besser wurde. Die zweite Passage und auch die Piaffen wurden aktiver vorgetragen und auch in der Galopptour zeigte sich das Paar in einem harmonischen Seitenbild. Denoix PCH war voll bei seiner Reiterin, auch wenn man sehen konnte, dass er sich im Deutsche Bank Stadion noch nicht zu 100% zu Hause fühlte. Sowohl die 2er-Wechsel auch die Fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung waren nicht nur gut auf der Linie eingeteilt, sondern hatten auch die Qualität, die man von einem Championatspaar erwartet. Die erste Pirouette war zwar zentriert, hätte aber aktiver durchgesprungen werden dürfen. Die zweite Pirouette legte die Reiterin daraufhin etwas größer an und wurde dafür mit besseren Noten belohnt. Die Schlusslinie war dann noch einmal ein echtes Highlight der Prüfung: Stolz und erhaben passagierte das Paar die Mittellinie hinunter. Die letzte Piaffe war die beste der Prüfung. Am Ende stand Denoix PCH sicher geschlossen und man sah Katharina Hemmer die Erleichterung und den Spaß, den ihr dieser Ritt gemacht hat an. 75,413 lautete das Endergebnis für die Beiden. Damit blieben sie nur knapp unter ihrem Personal Best im Grand Prix, welches sie mit 76,261 Prozent 2024 in Wiesbaden erzielten. „Es war ein besonderer Moment hier zum Team zu gehören und ich bin einfach nur happy“, freute sich Hemmer nach ihrem Ritt und fügt hinzu: „Ich bin sehr froh, dass Dennoix sich in der Prüfung heute auch wohl gefühlt hat. Letztes Jahr hat er sich in Aachen noch ein bisschen schwer getan, heute hat er die Prüfung genossen.“

Frederic Wandres

Der zweite Mannschaftsreiter für die siegreiche Equipe war Frederic Wandres. Im vergangenen Jahr ging es für den Bereiter des Stall Kasselmann und Bluetooth OLD um den hart umkämpften Platz im deutschen Team für die Olympischen Spiele in Paris. Ganz offen sprach der Reiter damals damit in Aachen darüber, dass die Qualifikationsphase und besonders die Prüfungen in Aachen für ihn durchaus eine mentale Herausforderung waren. Teamkollegin Isabell Werth nahm ihn damals zur Seite und motivierte ihn, an sich zu glauben und sich zusammenzureißen. Wenige Wochen später gewannen die beiden Reiter gemeinsam Team-Gold vor dem Schloss von Versailles. Heute bewiesen Wandres und Bluetooth einmal mehr, dass das Team sich auf ihre gleichmäßig guten Ergebnisse verlassen kann. „Bluetooth hat nun viele viele Male bewiesen, dass er die Prüfungen fehlerfrei und sicher gehe kann. Das ist eine tolle Stärke“, freut sich der Reiter über seine Vorstellung. Mit 78,348 Prozent wurde das Paar dritte im Grand Prix. Das Paar begann die Prüfung mit einem starken Trab, der sich durch eine gute Schubentfaltung auszeichnete. Die Traversalen weit kreuzend. In der Passage trat das rechte Hinterbein kürzer als das linke. Die Piaffen wurden gut am Platz präsentiert und mit genug Bergauftendenz vorgetragen. Zu Beginn des starken Schritts hätte der Wallach gelassener zum Schreiten kommen können, was sich im Verlauf dann verbesserte. In der Piaffe war Bluetooth dann hinten links weniger aktiv als hinten rechts, insgesamt zeigte er sich hier aber im guten Seitenbild. Dieses Seitenbild nahm das Paar auch mit in die Galopptour. In der Rechtspirouette wurde der Wallach hinten breit und während das Protokoll ansonsten ausschließlich Noten ab sieben vorweist, zückten die Richter hier überwiegend eine Note mit einer sechs vor dem Komma. Mit der letzten Grußaufstellung setzten Wandres und der braune Wallach dann nochmal ein Zeichen. Einmal die 10,0 und zwei Mal eine 9,0 war den Richtern dieser Schlussgruß wert.

Isabell Werth

Als Schlussreiterin machte Isabell Werth im Sattel von Wendy de Fontaine für das deutsche Team den Sack zu. Mit starken 79,761 Prozent konnte das Paar nicht nur die Prüfung mit über einem Prozent Vorsprung gewinnen, sondern auch noch wichtige Punkte für das überlegene Team-Ergebnis beisteuern. „Wendy ist einfach eine Performerin. Sie ist in der Prüfung voll fokussiert“, beschreibt Werth ihre vierbeinige Sportpartnerin. Wendy de Fontaine hat sich im Vergleich zu Balve noch einmal deutlich verbessert. Beim Abreiten legte Werth viel Wert auf Ruhe und Konzentration. Nach einer gerittenen Lektion hielt sie immer wieder ruhig an und ließ die Stute zur Ruhe kommen. Dass Wendy ein hochmotiviertes Pferd mit genügend Energie ist, sieht man sobald sie ins Viereck kommt. Das Wetter der letzten Tage schien ihr Nichts ausgemacht zu haben. Mit viel Kraft und Ausdruck begrüßte das Paar das Aachener Publikum, von dem sie frenetisch gefeiert wurden. Gleichzeitig wirkte die Stute aber auch nicht ganz losgelassen. Die erfahrene Reiterin sorgte in der Prüfung stets dafür, dass die Stute sich in einem guten Seitenbild präsentiert. Die Energie die die Beiden in jede Bewegung bringen, führt dann aber auch zu einer recht starken Anlehnung. Und das obwohl Werth auch während der Vorstellung immer wieder vorgibt.

Beim ersten Halten, dem starken Trab und den weit kreuzenden Traversalen sammelten die Beiden die ersten hohen Punkte. Das Rückwärtsrichten war dann eilig, sodass die Noten hier von 5,0 bis 6,5 reichten. Die ausdrucksvollen Passagen und eine gute Piaffe auf der Stelle mit harmonischen Übergängen ließen das Punktekonto dann aber wieder schnell ansteigen. Für die Piaffe gab es drei Mal die Note 9,0. Im starken Schritt kommt die Stute zum Schreiten und zeigt sich hier gelassener als in noch in Balve. Im versammelten Schritt waren die Richter sich dann nicht ganz einig, ob das Gezeigte eine 8,0 oder eine 6,5 wert ist. Es folgten gleichmäßig gute Passagen und Piaffen mit guten Übergängen. Die Galoppade der Stute konnte heute einmal mehr beeindrucken. In den Zweierwechseln ritt Werth mit viel Kontrolle, Fehler machte das Paar hier keine, aber die fliegenden Wechsel hätten mehr im Vorwärts angelegt sein dürfen. In Balve hatte das Paar noch Probleme bei den fliegenden Wechseln von Sprung zu Sprung, diese gelangen heute fehler- aber nicht spannungsfrei. Die erste Pirouette war sehr zentriert, die zweite fiel etwas größer aus. Auf der Schlusslinie sammelte das Paar dann noch einmal mächtig Punkte. Viele Neunen und eine Zehn finden sich hierfür im Protokoll. Und auch das letzte Halten wurde von einem Richter mit einer Zehn belohnt. Mit Standing Ovations begleiteten die Zuschauer Isabell Werth und Wendy de Fontaine aus dem Stadion. „Es ist erst ein Jahr her, dass ich hier mit Wendy diese besonderen Momente erlebt habe, es fühlt sich aber mittlerweile so an, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Letztes Jahr war sehr emotional für mich, aber auch in diesem Jahr war es wieder eine Ehre zum deutschen Team zu gehören“, beschreibt die Reiterin später wie es sich anfühlt dieses besondere Turnier zu reiten.  

Justin Verboomen

Als echten Shootingstars kann man Justin Verboomen und seinen Zonik Plus bezeichnen. Der lackschwarze Hengst kann seinen Mutter-Vater Hohenstein nicht verleugnen. Ein Pferd, bei dem man hinschaut. Fragt man den Belgier ob er heute mit einer so guten Performance gerechnet hat, bekommt man zur Antwort ein klares „Ja“. „Ich bin sehr stolz darauf, wie er sich hier heute gezeigt hat. Er entwickelt sich toll und ist ja auch noch jung“, freut Verboomen sich über die Leistung seines Pferdes. Aber auch über die Teamleistung der Belgier: „Ich mag unser Team und ich bin happy für uns Alle.“ Happy war auch das Publikum mit der Vorstellung des Paares. So wurde Christof Umbach ausgebuht, als seine Noten verlesen wurden, mit denen der Reiter „nur“ auf dem dritten Rang gelandet wäre. Katrina Wüst hatte das Paar sogar an Rang eins gesehen. Wir immer liegt die Wahrheit wohl dazwischen und das ist auch der Platz, an dem die Beiden am Ende auf die Ehrenrunde gingen. Dem vorrausgegangen war eine selbstbewusst gerittene Prüfung. Im ersten starken Trab präsentierte Verboomen den Hengst mit viel Energie, es folgten weit kreuzende Traversalen. Eine gleichmäßige und kadenzierte Passage führte zu einer Piaffe, bei der man wohl nur vom Richterhäuschen bei B und der Pressetribüne aus sehen konnte, dass der Hengst zwar zunächst weit unterfußt dann aber das Bein wieder nach hinten zieht. Das Gleiche galt für die folgenden Piaffen. Bei den Zweierwechseln hätte der Hengst hinten links noch weiter durchspringen dürfen. Die Einerwechsel sahen von hinten schwankend und leicht breit aus. Die Pirouetten waren ein echtes Highlight der Prüfung. Zentriert, mit gutem Durchsprung. Justin Verboomen präsentierte den Hengst in guter Anlehnung, das zwischenzeitlich offene Maul wirkte nicht unzufrieden. Ein Paar, welches die Zuschauer sicherlich auch in den nächsten Tagen beeindrucken wird.

João Pedro Moreira

Aus rheinischer Sicht gab es noch eine Top Ten Platzierung. João Pedro Moreira war im Nationenpreis für sein Heimatland Portugal am Start. Drosa Fuerst Kennedy OLD hätte mit seinem Reiter eigentlich auch bei den Olympischen Spielen an den Start gehen sollen. Das Paar war bereits vor Ort doch eine Kolik verhinderte den Start. Nun wieder genesen, zeigten die Beiden in Aachen eine sehr harmonische Prüfung. „Einfach schön anzuschauen“, fasste eine Zuschauerin die Vorstellung zusammen. Die ganze Prüfung wirkte harmonisch und durchlässig, auch wenn das Rückwärtsrichten misslang. Die Piaffe im leichten Vorwärts angelegt, waren die Passagen mit Ausdruck vorgetragen. Vielleicht fehlte der Prüfung ein absolutes Highlight um weiter vorne in der Rangierung zu landen, aber insgesamt handelt es sich hier um ein Paar, dem man einfach gerne zuschaut. Mit 73,326 Prozent landeten die Beiden an siebter Stelle.

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