Mit einer kleinen Hobbyzucht innerhalb von kürzester Zeit für Furore zu sorgen, ist fast wie ein Lottogewinn. Doch Sabine Nixtatis und Dr. Daniel Münter schafften es innerhalb von nur drei Jahren, mit ihrer Reitponyzucht Goldfohlen sowie gekörte Hengste zu stellen – die alle den Namenszusatz SD tragen – und machten Reitponys in Sonderlackierung zu ihrem Markenzeichen.
Dabei war der Start in die Züchterkarriere lediglich dem Umstand geschuldet, dass sich während der Schwangerschaft von Sabine Nixtatis 2016 die perfekte Gelegenheit bot, aus ihrer Reitponystute Cinderella ein Fohlen zu ziehen. Die auffällige Perlino-Stute von Champion de Luxe wurde mit dem rheinischen Vererber Numero Uno angepaart und brachte im nächsten Frühjahr ein Hengstfohlen zur Welt. „Nanuk wurde auf der Fohlenschau in Wickrath Reservesieger und mit Silber prämiert, sodass wir, derart beflügelt, unsere Cinderella direkt wieder von Numero Uno haben decken lassen“, erzählt Sabine Nixtatis. Hier ging die Rechnung wieder auf: Nelson, das zweite Fohlen aus dieser Anpaarung, avancierte sogar zum Goldfohlen. Auch das dritte Fohlen von Cinderella – Dorie, die von Dating abstammt – wurde 2019 in Wickrath besonders herausgestellt und wird sicherlich in ein paar Jahren in die Fußstapfen ihrer Mutter treten. „Zu Cinderellas Stärken in der Zucht zählt definitiv ihre Bewegung“, erklärt Sabine Nixtatis. „Sie ist sehr menschenbezogen und leicht zu händeln, aber ein bisschen ängstlich. Unter dem Sattel braucht sie einen souveränen Reiter, der ihr viel Sicherheit gibt. Cinderella ist ein klassisches Sportpony und durchaus etwas elektrisch, was sie an ihre Fohlen allerdings nicht weitergibt. Sie vererbt nur ihre positiven Eigenschaften“, so die Züchterin. Dazu kommt, dass die Stute ein Garant für Fohlen in Sonderlackierung ist: „Cinderella trägt ein doppeltes Cream-Gen und ist reinerbig dunkel, das heißt sie kann nur Buckskin-, Falb- oder Perlinofohlen bekommen, egal welchen Hengst man auswählt.“
Während Sabine Nixtatis ganz klar für die hellen Reitponys schwärmt, haben es ihrem Mann die Rappen angetan, sodass die nächste Zuchtstute farblich genau das Gegenteil von Cinderella wurde. „Zu diesem Zeitpunkt hat mein Mann Blut geleckt und wollte dann auch eine eigene Zuchtstute haben. Mein Mann reitet zwar selbst nicht, hat aber meine Reiterei immer begleitet“, verrät Sabine Nixtatis. Die Wahl ihres Mannes fiel auf die Verbandsprämienstute Wildkatze, die nicht nur optisch eine perfekte Ergänzung zu Cinderella darstellt: „Wildkatze ist in sich ruhend und abgeklärt, aber eher reserviert. Auf der Mutterseite sind in ihrem Pedigree auch Großpferde vorhanden.“ Hierbei handelt es sich um den Stamm der Weissena, dem auch das Olympia-Pferd Weihegold entstammt. Dieser Stamm wird ergänzt durch die Ponyhengste Beautiful Stallion und Boomer auf der Vaterseite, die sich auf S-Niveau im Viereck und im Springparcours beweisen konnten. „Wildkatze ist für uns zudem interessant, weil sie weder von Champion de Luxe, noch von Don’t Worry oder Numero Uno abstammt, so dass man im Rheinland – was die Hengste angeht – immer die freie Wahl hat.“ Dr. Daniel Münter beschreibt die Rappstute wie folgt: „Wildkatze hat eine tolle Hinterhand, aber nicht ganz so viel Schulterfreiheit. Um das Zuchtprodukt zu verbessern, müssen wir immer darauf achten, dass der Hengst das kompensiert.“ Aus der Anpaarung mit Neverland brachte Wildkatze ein Stutfohlen, von dem Sabine Nixtatis und ihr Mann derart überzeugt waren, dass sie für 2020 erneut Neverland als Vater wählten und diesmal auf ein Hengstfohlen hoffen. „Das könnte der nächste Köraspirant werden.“
Um ihre Zucht noch etwas breiter aufzustellen, erwarb das Ehepaar Mitte Dezember eine weitere Zuchtstute: Staatsprämienstute Chocolate, eine weitere Champion de Luxe-Tochter, die von Uwe Gietz gezogen wurde. Bei Chocolate ist der Name Programm, so dass die dunkelbraune Stute das Farbspektrum der Reitponyzucht SD komplettiert. „Chocolate ist sehr souverän und menschenbezogen und überzeugt durch ihre Bewegungsqualität. Sie stammt ab von Hilkens Black Delight sowie Thamaris von Pilgrim’s Red und erwartet im April ein Fohlen von Diamond Dancer“, so Dr. Daniel Münter. „Wir haben bei den Ponys hinten immer gerne eine Springabstammung mit drin, denn vorne können die Dressurhengste oft strampeln, aber bei der Hinterhand gibt es doch oft Defizite“, ergänzt seine Frau.
Das erste Fohlen wird gekört
Diese Rechnung ging auch schon bei dem ersten Fohlen der Reitponyzucht SD auf, denn Nanuk wurde 2019 gekört. Doch trotz dem überragenden Erfolg, dass das erste selbstgezogene Fohlen ein positives Körurteil erhielt, wird Nanuk keine Karriere als Deckhengst machen. „Durch Corona und die Ungewissheit, ob 2020 überhaupt Turniere stattfinden würden, hatten wir uns entschlossen, Nanuk im Frühjahr noch einmal auf die Weide zu stellen, damit er sich noch etwas entwickeln kann. Mittlerweile wurde er gelegt“, erzählt Sabine Nixtatis. „Für uns steht die artgerechte Pferdehaltung im Vordergrund und nicht der Erfolg. Wir entscheiden immer individuell für jedes Pony. Was für das jeweilige Pony das Beste ist, wird gemacht. So schlägt jedes Pony unter Umständen einen anderen Weg ein. Nanuk wurde zwar gekört und wäre bestimmt auch im Sport erfolgreich gewesen. Aber er war nicht unbedingt der Typ, der als Hengst durchs Leben geht. Als Wallach lebt er wesentlich ruhiger und für eine sportliche Karriere muss das kein Nachteil sein“, erklärt Dr. Daniel Münter.„Wenn man individuell auf die Tiere eingeht, dann kommt der Erfolg von ganz alleine, da sich die Ponys dann viel besser entwickeln“, bekräftigt der Züchter.
„Für uns steht das individuelle Pony im Vordergrund, nicht der Erfolg.“
Dr. Daniel Münter
Dazu gehört auch eine perfekte Aufzucht: „Es ist uns sehr wichtig, dass die Ponys mit viel Bewegung, frischer Luft und Familienanschluss aufwachsen“, betont Sabine Nixtatis. „Wenn sie bei uns geboren werden, sind wir und unsere Kinder alle mit dabei. Zur Aufzucht gehen die Fohlen zu einer Freundin ins bergische Land, die die Jungpferde besonders artgerecht und auch mit Familienanschluss hält.“
Der weitere Werdegang der Fohlen wird mit Bedacht gewählt: „Wir verkaufen die Ponys nur ungern als Fohlen, denn wir wollen am liebsten einen ‚Platz fürs Leben‘ für die Pferde, damit sie nicht zum ‘Wanderpokal’ werden. Deswegen versuchen wir in der Regel, die Fohlen zu halten, um zu gucken, wie sich ihr Charakter entwickelt. Denn in den ersten zwei bis drei Jahren merkt man schon deutlich, was für ein Typ das junge Pferd ist. Da wir nur wenige Zuchtstuten haben, können wir uns diesen Luxus leisten“, erklärt Sabine Nixtatis.
Glück im Unglück
Zu der Philosophie, einen individuellen Weg für jedes Pony zu wählen, gehört für Sabine Nixtatis und Dr. Daniel Münter auch, nicht so schnell aufzugeben, wenn ein Fohlen nach einem Unfall eine eher schlechte Prognose bekommt. „Wir mussten auch schon die Schattenseiten der Zucht kennenlernen ”, bedauert Sabine Nixtatis. Nelson, der zweite Sohn von Cinderella und Vollbruder zu Nanuk, blieb als Jährling mit dem Kopf in einem handelsüblichen Weidetor hängen und brach sich dabei den Schädel. „In der Klinik wurden alle Knochensplitter entfernt und es sah zuerst so aus, dass die Fraktur ohne Komplikationen verheilen würde. Doch schon nach kurzer Zeit wuchs Nelson auf einer Seite des Kopfes ein richtiges Horn, was ihm sichtlich Schmerzen bereitete. Erneut fuhren wir mit ihm in die Klinik, wo festgestellt wurde, dass sich auf dem Kiefergelenk ein großes Überbein entwickelt hatte”, so die Züchterin. „Es muss durch das stumpfe Trauma bei dem Unfall entstanden sein”, fügt ihr Mann hinzu. „Dieses extreme Überbein hat dann das Kiefergelenk blockiert, sodass Nelson erneut operiert werden musste. Während der Operation wurde das Überbein abgetragen, doch nach kurzer Zeit wuchs es erneut.” Da war guter Rat teuer: „Wir haben mit so vielen Tierärzten und Kliniken über mögliche Therapien und Operationen gesprochen, doch viele haben uns dazu geraten, das junge Pferd zu erlösen. Doch Nelson hat – trotz Schmerzen – immer noch gefressen und sah sehr gut aus, so dass wir uns dazu entschlossen haben, alles Mögliche zu versuchen, um ihn zu retten”, bekräftigt Sabine Nixtatis. „Im Tiermedizinstudium wird zwar gelehrt, wie ein Kiefergelenk entfernt werden kann, doch es gibt nur ganz wenige Fälle, in denen diese Operation praktiziert worden ist. Einerseits gibt es selten ein Trauma an dieser Stelle und andererseits sind diese Pferde dann meist schon etwas älter und bei dem Befund handelt es sich dann um Arthrose und nicht um ein Überbein.” Einen Spezialisten fand das Ehepaar aber in der Uniklinik in Giessen: „Zum Glück hatten wir dann Kontakt mit Professor Dr. Röcken, der bereits einer Handvoll Pferde das Kiefergelenk entfernt hatte. Nach der Operation, bei der das komplette linke Gelenk des Kiefers entfernt wurde, war es jedoch wichtig, dass Nelson sofort wieder mit dem Fressen beginnt, da er nur dann Überlebenschancen hatte. Zum Glück hat das geklappt und er hat alles gut überstanden”, erzählt Dr. Daniel Münter. „Heute ist Nelson top fit und verhält sich so, als ob er nie etwas gehabt hätte. Er hat zwar einige Operationsnarben und noch eine kleine Beule am Kopf, die ihn aber nicht beeinträchtigt. Durch die ganzen Klinikaufenthalte hat er viel Zeit verloren in seiner Entwicklung, aber er bekommt er bei uns jetzt einfach mehr Zeit und wird erst dann schonend eingeritten, wenn er so weit ist.” Durch die geglückte Operation ist der Numero Uno-Sohn zum medizinischen Wunder geworden: „Nelson ist eines der wenigen lebendigen Beispiele dafür, dass eine Operation, bei der ein Kiefergelenk komplett entfernt wird, funktionieren kann”, erklärt der Züchter. Das Gelenk musste nicht durch eine künstliche Alternative ausgetauscht werden, da Pferde durch ihren länglichen Kopf eine relativ große Kiefermuskulatur haben, die die Kiefer stabilisiert und so das Gelenk ersetzt. „Nelson kann ganz normal fressen, auch große Möhren sind kein Problem für ihn.” Mit der körperlichen Genesung ist auch der Schrecken des Unfalls verblasst: „Trotz der ganzen Operationen und Schmerzen, die Nelson hatte, hat er nicht den Glauben an den Menschen verloren und ist überhaupt nicht kopfscheu. Er ist immer noch total verschmust und man kann seinen ganzen Kopf richtig in den Arm nehmen”, erzählt Sabine Nixtatis erleichtert. „Die Sorge um Nelson und die ganzen Operationen haben uns die letzten Jahre sehr beschäftigt und mitgenommen. Wir haben zwar immer gesagt, dass wir uns pro Pferd entscheiden und auch nicht so schnell aufgeben, aber wir hatten wegen Nelson schon einige schlaflose Nächte, freuen uns aber jetzt umso mehr, dass er ein ganz normales Leben führen kann.”
Siegerhengst Gamble SD
Umso mehr sei ihnen der Erfolg auf der Körung Ende 2020 in Münster gegönnt! Da das Ehepaar anfangs nur eine Zuchtstute besaß, kauften sie 2018 ein Fohlen zur Gesellschaft hinzu, das sich als derartiger Glücksgriff erwies, dass es Gamble (Glücksspiel) getauft wurde. „Als Gamble erst wenige Tage alt war, sind wir nach Paderborn gefahren und haben ihn uns angeschaut. Er hatte gute Bewegungen und war wirklich drollig“, erinnert sich Dr. Daniel Münter. „Wir haben ihn schon gekauft, bevor die erste Fohlenschau stattfand, so gut hat er uns gefallen. Als er dann auf der Schau, dem Championat und in Lienen abgeräumt hat, wussten wir, dass wir alles richtig gemacht haben.“ Daher wagte das Ehepaar den nächsten Schritt: „Wir schickten Gamble zur Körvorbereitung und glaubten immer an ihn. Aber wir wussten natürlich auch, dass das Körurteil stark von der Tagesform, der Umgebung und der Konkurrenz abhängt.“ Doch der schmucke Palomino-Roan von Golden Grey NRW – Bodyguard, gezogen von Mareike Mertensmeier, überzeugte schon bei seinem ersten Auftritt auf der Dreiecksbahn auf ganzer Linie mit seinem Charm und drei überragenden Grundgangarten. „Als Ziel hatten wir uns ‚nur‘ gesetzt, dass Gamble gekört wird. Wir hätten niemals damit gerechnet, dass er Siegerhengst wird. Wegen Corona konnten wir die Körung nur von Zuhause verfolgen, aber wir haben vor dem Fernseher gesessen und geheult. Es war wirklich emotional und wir sind schon am ersten Tag der Körung mit Kaufanfragen bombardiert worden“, erzählt Sabine Nixtatis. „Es war wie eine emotionale Welle, die uns überrollt hat“, ergänzt ihr Mann. „Wir haben es vor Spannung kaum ausgehalten, als die Entscheidung im Endring anstand. Das war Gänsehaut pur. Obwohl wir Gamble gar nicht selbst gezogen haben, war es natürlich ein Erfolg für uns, da wir ihn so früh gekauft haben. Damit haben wir auf jeden Fall ein gutes Auge bewiesen.“
Auch wenn die Kaufangebote verlockend waren, entschied sich das Ehepaar dazu, den Hengst zu behalten: „Wir haben uns nach der Körung eine Woche Zeit genommen, um zu überlegen, wie es mit Gamble weitergeht. Wir haben uns dann letztendlich dazu entschlossen, ihn nicht zu verkaufen, sondern ihn in den Dressurstall Fischer zur Ausbildung zu geben. Es war uns wichtig, dass Gamble zu einer Deckstation kommt, wo es ihm gut geht, er aber dennoch sportlich bestens gefördert wird“, bekräftigt Sabine Nixtatis die Entscheidung.
„Die Lieblingsfarbe ist wie der Funke, der überspringt, wenn man sich für ein Pferd entscheidet.“
Sabine Nixtatis
„Gamble ist der erste Hengst von uns, der auf einer Hengststation wirkt. Er ist sehr selbstsicher und präsentiert sich gerne. Ihm steht die Rolle als Deckhengst sehr gut und er kommt damit bestens zurecht“, so Dr. Daniel Münter. Da der Hengst neben reichlich Qualität auch über eine interessante Färbung verfügt, wird er seine Gene selbstverständlich auch in der Reitponyzucht SD weitergeben. „Für uns steht natürlich im Vordergrund, dass unsere Fohlen durch Qualität und Charakter auffallen. Unser Zuchtziel ist ein Pony für die ganze Familie, auf dem auch Kinder reiten können, sodass es nicht zu elektrisch sein sollte. Wir bevorzugen vom Exterieur ein eher edles Pony, aber das sind persönliche Vorlieben“, erklärt Sabine Nixtatis. „Natürlich kann man weder auf Papieren noch auf der Farbe reiten, aber man würde sich ja auch keine grünen Schuhe kaufen, wenn man die Farbe grün nicht mag. Die Lieblingsfarbe ist wie der Funke, der überspringt, wenn man sich für ein Pferd entscheidet.“ Genau diese Meinung teilt ihr Mann. „Wir kennen unsere Stuten und wissen genau, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Wir versuchen, durch die Auswahl der Hengste das Zuchtprodukt zu verbessern und einen Fortschritt zu erzielen, gucken aber auch gern, welche potenziellen Farben bei der Anpaarung rauskommen könnten. Die Ponywelt ist bei dem Farbthema sehr gespalten. Unsere Erfahrung ist aber, dass die Nachfrage gerade nach den „Sonderfarben“ auf jeden Fall sehr groß ist.“
Reitponyzucht SD
Die Reitponyzucht SD von Sabine Nixtatis und Dr. Daniel Münter ist natürlich auch „online“: Website: www.reitponyzucht.com/
Instagram: www.instagram.com/reitponyzucht_sd/
Facebook: www.facebook.com/reitponyzuchtsd/
Hier werden alle Ponys ausführlich vorgestellt. Auch weitere Informationen zu Nelsons Operation und Berichte über seine Genesung sind dort zu finden.