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Paessens Passion

Einen umjubelten Prämienhengst züchten, im Sattel eines selbstgezogenen und selbstausgebildeten Pferdes Deutscher Amateur-Meister in der Dressur werden oder das Goldene Reitabzeichen erhalten. Jeder einzelne dieser hippologischen Meilensteine ist schwer zu erreichen und ein Wunschtraum jedes Pferdenarren. Nicht nur einen, sondern gleich alle dieser Erfolge hat Paul Paessens erreicht! 

Dabei hat der Rheinländer weder übertrieben früh noch unter besonders favorisierten Umständen mit dem Reiten begonnen. Elf Jahre war Paul Paessens jung, als er im Reitverein Weeze den Einstieg in den Pferdesport fand. Und zwar ganz klassisch auf dem Rücken von Schulpferden. Etwas später hatte er dann eine Reitbeteiligung. „Mit 15 habe ich aber erstmal wieder aufgehört mit der Reiterei“, erinnert sich der passionierte Reiter und Pferdezüchter. „Um mich auf die Lehre als Landwirt zu konzentrieren.“ Noch während seiner Berufsausbildung steigt er außerdem auf dem elterlichen Hof mit ein. „Damals war der Betrieb auf Schweinezucht ausgerichtet. Ich habe dann nach und nach auf Pensionspferdehaltung umgestellt.“ Denn die Liebe zu Pferden war bereits tief in ihm verwurzelt. Klar, dass Paul Paessens also auch schnellstmöglich wieder selbst in den Sattel stieg. „Ich habe mir damals ein Lehrpferd gekauft und einen vierjährigen Wallach. Mit Calvados war ich später bis zur Klasse S** in der Dressur erfolgreich. Mir wurde schnell klar, dass man, wenn man erfolgreich reiten möchte, gutes Pferdematerial zur Verfügung haben muss. Allerdings fehlte mir das nötige Kleingeld, um solche Pferde zu kaufen. Also habe ich angefangen, selbst zu züchten!“ Eine Entscheidung, die sich längst als goldrichtig herausgestellt hat.  

Familienbande: Züchter Paul Paessens mit Erfolgspferd Don de Marco und seiner Mutter, der Staatsprämienstute Forever Sunshine.

Um das „Projekt Zucht“ anzugehen, kaufte Paul Paessens im Jahr 2003 die Stute Dinova. Die damals siebenjährige Dinard L– Tochter führte auf der Mutterseite den Holsteiner Ramiro im Pedigree und hatte ihre eigenen sportlichen Fähigkeiten zwei Jahre zuvor bereits mit der Qualifikation für das Bundeschampionat unter Beweis gestellt. In ihrem Sattel saß damals übrigens Heiner Schiergen, bei dem Paul Paessens mittlerweile trainiert. Mit dem rheinischen Stempelhengst Fidermark angepaart brachte Dinova 2004 die spätere Staatsprämienstute Forever Sunshine zur Welt. Ein Jahr darauf erblickte mit Sir Sirius Black P ein Sir Bedo-Sohn aus der Dinova bei Paul Paessens das Licht der Welt. Mit ihm war der Züchter bis zur Klasse S** im Viereck siegreich. „Forever Sunshine hingegen ist direkt in die Zucht gegangen, dreijährig habe ich sie von Dramatic decken lassen. Aus dieser Anpaarung ist 2008 ihr erstes Fohlen geboren worden, Don de Marco P“, erklärt Paul Paessens, während er seinem mittlerweile elfjährigen Erfolgspferd stolz über die Nüstern streichelt. Denn Don de Marco war es, der Paul Paessens im vergangenen Jahr zum Deutschen Amateur-Meistertitel getragen hat.  

Auf Erfolgskurs mit Don de Marco 

„Nachdem ich mit Marco schon einige S*-Dressuren gewinnen konnte, habe ich mich letztes Jahr entschieden, in Langenfeld die Qualifikation zur Deutschen Amateur-Meisterschaft mitzureiten. Und die konnten wir direkt gewinnen“, erzählt der Züchter, Ausbilder und Reiter des Pferdes. „In Nettetal konnten wir uns dann endgültig für den DAM-Start qualifizieren. Trotz des Quali-Sieges waren meine Erwartungen nicht allzu hoch, als ich zum Finale nach Dagobertshausen gefahren bin. Um so einen Titel zu gewinnen, muss einfach alles stimmen.“ Doch an diesem Wochenende stimmte dann wirklich alles! Schon in der Einlaufprüfung überzeugten Paul Paessens und Don de Marco auf ganzer Linie und ließen die gesamte Konkurrenz hinter sich. Entsprechend mussten sie im Finale als letztes Paar ins Viereck einreiten. „Das war schon ein komisches Gefühl beim Abreiten. Auch weil fast alle meiner Konkurrenten mit Knopf im Ohr von ihren Trainern unterstützt wurden. Am Ende waren dann nur noch Marco und ich in der Abreitehalle. Da bin ich dann doch etwas nervös geworden“, gibt der 47-Jährige, der normalerweise Nerven wie Drahtseile hat, zu. „Deutsche Amateur-Meisterschaften sind schließlich etwas Besonderes und nicht unbedingt mit einem ‚normalen‘ Turnier zu vergleichen.“ Doch spätestens in dem Moment, als seine Abba-Kürmusik durch die Lautsprecher tönte, war Paul Paessens wieder die Ruhe selbst. Ganz auf seinen Marco konzentriert gelang ihm eine weitere überaus harmonische Vorstellung, die mit 75,933 Prozentpunkten, der Goldmedaille und der Meisterschärpe belohnt wurde.  

„Der Sieg bei den Deutschen Amateur-Meisterschaften mit einem selbst gezogenen und selbst ausgebildeten Pferd war wirklich etwas ganz Besonderes.“ 

Paul Paessens 

Doch die beiden Siege bei den Deutschen Amateur-Meisterschaften haben für Paul Paessens nicht nur deswegen eine ganz besondere Bedeutung. Denn mit ihnen waren auch alle nötigen Erfolge für die Verleihung des Goldenen Reitabzeichens erreicht! „Ich glaube allerdings, dass meine Familie und meine Freunde diesem Ereignis fast mehr entgegengefiebert haben als ich“, verrät der passionierte Reiter und Züchter lachend. „Ich sage immer: Man muss auch ohne Goldenes Reitabzeichen sterben. Aber natürlich habe ich mich gefreut und bin auch etwas stolz auf diese Leistung.“ Zu Recht!  

Vielleicht der nächste Superstar? Felina Salentin, die Mutter von Prämienhengst Vendóme, präsentiert ihre aktuelle Nachzucht, ein Stutfohlen von Escamillo. Fotos: PEMAG

Mittlerweile ist Paul Paessens bereits dabei, seinen nächsten Traum zu verwirklichen: „Ich möchte mich gerne mit meinen selbst gezogenen und selbst ausgebildeten Pferden im Grand Prix Sport etablieren.“ Mit Don de Marco ist der Landwirt Anfang August beim Lobbericher Reitsportfestival erstmals auf Grand Prix-Niveau gestartet – in ihrer ersten Grand Prix Kür überhaupt konnten die Beiden mit einem Ergebnis von knapp 72 Prozent auf Anhieb Zweite werden! 

Unterstützung bei der Ausbildung seiner Pferde erhält Paessens von Margret Maas, mit der er seit vielen Jahren befreundet ist. Außerdem fährt er mittlerweile in unregelmäßigen Abständen zum Trainieren zu Heiner Schiergen. „Wenn es die Arbeit auf dem Hof zulässt, lade ich auf und feile mit Heiner an der Feinabstimmung und den schweren Lektionen.“  

Perfektionist Paessens 

Paul Paessens bewirtschaftet seinen Hof komplett alleine. Sprich: Er managed nicht nur den kompletten Pensionspferdebetrieb und alles, was damit zu tun hat, sondern er bestellt auch seine Felder selbst, produziert Heu und Stroh. „In den letzten Tagen habe ich 700 Ballen Stroh gefahren. Da bleibt dann keine Zeit, zum Trainieren irgendwohin zu fahren. Und auch nicht, um von einem Turnier zum nächsten zu fahren“, erklärt der Landwirt. Und genau deswegen wird er seinen Meistertitel auch nicht verteidigen können. „In diesem Jahr gab es keine Qualifikationsturniere für die DAM, sondern die Qualifikation läuft über Ranglisten. Man hat also nur gute Chancen, wenn man möglichst viel startet. Abgesehen davon, dass ich es meinen Pferden nicht zumuten möchte, jedes Wochenende auf Turnieren starten zu müssen, habe ich dafür auch schlichtweg keine Zeit.“  

Denn sein Betrieb steht für Paessens an erster Stelle, das ist für ihn ganz klar. „Der Pensionsstall und die Zucht gehen immer vor. Es ist mir unheimlich wichtig, meinen Hof alleine, ganz nach meinen Vorstellungen, zu bewirtschaften. Denn nur dann kann ich sicher sein, dass auch wirklich alles so läuft, wie ich es für richtig halte. Das fängt mit dem selbstproduzierten Heu und Stroh an und hört mit dem Abziehen des Dressurplatzes auf.“ Das Turnierreiten ist dagegen ein liebgewonnenes Hobby, dem er sich ab und zu widmet, wenn er weiß, dass sonst alles perfekt geregelt ist.  

Aushängeschild Vendóme 

Doch nicht nur als Reiter hat Paul Paessens mit seinen selbst gezogenen und selbst ausgebildeten Pferden auf sich aufmerksam gemacht. Auch in der Zuchtszene hat der Weezer spätestens seit der Reitpferdekörung in Verden im vergangenen Jahr einen Namen. Denn dort machte der Veneno – Sohn Vendóme von sich reden. Und diesen hat Paul Paessens aus seiner ebenfalls schon selbst gezogenen Staatsprämienstute Felina Salentin gezogen.

Vendóme von Veneno aus der Felina Salentin avancierte bei der Reitpferdekörung 2018 zum Prämienhengst. Der Hengst ist bei Helgstrand Dressage in Dänemark stationiert.  Foto: Beelitz 

Schon als Fohlen konnte Vendóme überzeugen und weckte mit seinem ansprechenden Typ und seinen kraftvollen Bewegungen auf der Fohlenschau das Interesse der Hengststation Schult, die Paul Paessens ein Angebot machten, das er nicht ausschlagen konnte. Von Hünxe aus wurde Vendóme an Helgstrand Dressage weiterverkauft und schließlich in deren Auftrag auf der Hannoveraner Körung vorgestellt. Der wunderschöne Dunkelbraune, der nicht nur durch seine kraftvolle Trabdynamik besticht, avancierte hier zum Prämienhengst. Dass er nicht auf dem Hengstmarkt angeboten wurde, spricht dabei für sich. Seit der Körung ist Vendóme in Dänemark bei Helgstrand Dressage stationiert.  

„So einen Hengst wie Vendóme zu züchten, ist so selten wie ein Sechser im Lotto.“ 

Paul Paessens 

„So einen Hengst zu züchten, ist wohl so selten wie ein Sechser im Lotto“, betont Paul Paessens. „Natürlich hoffe ich, dass ich mit einem anderen Hengstfohlen nochmal einen ähnlichen Erfolg erzielen kann, aber nicht um jeden Preis. Zu Methoden wie Embryotransfer würde ich persönlich jedenfalls nicht greifen.“ Doch was ist das Geheimrezept von Paul Paessens, der es schaffte, mit einer kleinen Zucht, die ihm bis dato 23 Fohlen brachte, einen Prämienhengst zu ziehen?  

Die Zuchtstute als Schlüssel zum Erfolg  

Der Schlüssel zum Erfolg in der Pferdezucht liegt in den Augen von Paul Paessens vor allem bei der Stute. Vendómes Mutter Felina Salentin hat Paul Paessens aus der Salice Salentin gezogen, die ihm von einer befreundeten Züchterin zur Verfügung gestellt wurde. „Indem ich mit einer geliehenen Stute gezüchtet habe, konnte ich meine eigene Zucht breiter aufstellen“, erklärt er. Und wieder fiel seine Wahl in Bezug auf den passenden Hengst auf das begehrte F-Blut. Diesmal entschied er sich allerdings nicht für Fidermark selbst, sondern für seinen Sohn Fidertanz, seines Zeichens NRW-Siegerhengst. Aus dieser Anpaarung entstand Felina Salentin, die ihrem Züchter neben Vendóme bereits acht weitere tolle Fohlen bescherte. „Sowohl Felina Salentin als auch Forever Sunshine vererben beide viel Schwung sowie einen guten Schritt und bestechen durch ihren einwandfreien Charakter, sie sind sehr menschenbezogen und unkompliziert. Und ganz nebenbei sind sie auch noch wunderschön“, schwärmt Paessens.  

„Ich möchte keinen Ja-Sager züchten. Meine Pferde sollen selbstbewusst sein, aber trotzdem eine gute Arbeitseinstellung haben.“ 

Paul Paessens 

Seit zwei Jahren komplettiert Forever Sunshines Tochter Funny Day das Zuchtstutentrio. Die Feedback-Tochter sieht ihrem Halbbruder Don de Marco zum Verwechseln ähnlich und überzeugt schon jetzt durch ihre Nachzucht. Und die überlässt Paessens bei keiner seiner Anpaarungen dem Zufall. „Der Hengst, den ich für meine Stuten aussuche, muss mir im Gesamtbild gefallen. Ich frage mich auch immer, ob ich den Hengst selbst gerne reiten würde. Ich tendiere, wie bei Veneno, oft zu Junghengsten, sie müssen sich noch nicht im Sport bewiesen haben. Wichtig ist mir aber, dass ich den Hengst live gesehen habe. Nur dann kann ich entscheiden, ob die Anpaarung passen könnte.“ Paessens Zuchtziel ist dabei ein sehr rittiges Dressurpferd, das von jedermann zu bedienen ist. „Dennoch möchte ich keinen Ja-Sager züchten. Meine Pferde sollen selbstbewusst sein, aber trotzdem eine gute Arbeitseinstellung haben. So wie Sir Sirius Black und Don de Marco zum Beispiel!“  

Er ist der Schönste hier! Der elfjährige Don de Marco P ist mittlerweile bis Grand Prix erfolgreich und der Star im Stall Paessens. Foto: PEMAG

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