Seit 23 Jahren ist der rheinische Springnachwuchs auf Championaten und großen Turnieren unter der Regie von Landestrainer Springen Holger Hetzel erfolgreich. Grund genug, ihm und seinen Assistenten Christine Dorenkamp und Tobias Thoenes einmal über die Schulter zu schauen.
Zahllose Erfolge gehen auf das Konto von Springreiter Holger Hetzel: der Pferdewirtschaftsmeister und Manager bestritt mehr als 35 Nationenpreise, siegte in internationalen Großen Preisen, nahm an der Europameisterschaft in Gijon teil und wurde zweimal Deutscher Vizemeister der Springreiter. Er betreibt einen Turnier- und Ausbildungsstall in Goch, der auch regelmäßig zum Schauplatz für hochkarätige Turnierserien und Auktionen wird. Dabei blieb Holger Hetzel all die Jahre einer Passion treu: seit 2000 ist er Landestrainer Springen des rheinischen Springnachwuchs und betreut die Children, Junioren und die Jungen Reiter. Und das höchst erfolgreich! In den 23 Jahren wurden auf Deutschen Meisterschaften unter seiner Regie vier Goldmedaillen und fünfmal Bronze gewonnen. Bei den Europameisterschaften schlugen sechs Goldmedaillen, dreimal Silber und sieben Bronzemedaillen zu Buche.
Doch wie fing alles an? Als Holger Hetzel eine Profikarriere im Springparcours einschlug, saß er nicht nur im Sattel, sondern erteilte schon früh auch Unterricht: „Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht, mit Jugendlichen zu arbeiten und das, was man selbst gelernt hat, weiterzugeben“, erzählt der Springreiter. Doch die Anforderungen an den Sport haben sich geändert, sodass dem Trainer noch andere Aufgaben zufallen: „Vor 20 Jahren hatte nicht jedes Kind seinen eigenen Trainer, da waren die Anforderungen an den Landestrainer doch etwas anders. Heute haben die Kinder in 80 bis 90 Prozent ihren eigenen Trainer und das soll auch so sein. Früher habe ich deutlich mehr in der Halle gestanden und selbst Unterricht gegeben. Das mach ich heute auch noch, aber in meiner Funktion als Landestrainer Springen fühle ich mich eher als Manager, als dass ich ein Trainer im herkömmlichen Sinn bin. Für mich ist es wichtig, die Kinder mit ihren Trainern und Eltern zusammen auf den richtigen Weg zu bringen. Meine Aufgabe ist es, neue Talente zu entdecken, mit den Reitern, Eltern und Trainern Gespräche führen, den Weg in den Sport vorzuschreiben und ihn begleiten. Das ist der moderne Job des Landestrainer Springen“, erklärt Holger Hetzel.
Und wenn die Jugendlichen dem Kader entwachsen, verfolgt der Landestrainer Springen auch weiterhin ihren Weg im Springparcours: „Natürlich interessiert es mich, was aus den Reitern wird – was hat man damals in den Kindern gesehen, wie haben sie sich entwickelt? Welchen Weg sind sie gegangen? Welche Unterstützung hatten sie? Es macht immer Spaß zu sehen, wenn sie sich in der U25-Tour oder im Seniorenlager weiter gut entwickeln.“
Um auch in den kommenden Jahren Medaillen auf den Championaten zu sammeln und mit den Kaderreitern in noch besserem Austausch stehen zu können, unterstützen seit einigen Jahren Christine Dorenkamp und Tobias Thoenes als Assistenten den Landestrainer Springen. „Ich möchte zukunftsorientiert arbeiten und die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen, damit wir Kontakt zu allen haben können. Wir drei arbeiten gut zusammen und tauschen uns regelmäßig aus“, erläutert Hetzel.
Einerseits halten der Landestrainer Springen und seine Assistenten auf Turnieren ihre Augen offen, hauptsächlich finden Nachwuchsspringreiter aber über das Sichtungsreiten den Weg in den Kader. „Bei dieser Art von Selektion erstellen wir ein Muster, um die Perspektive der Kandidaten in Kombination mit ihrem Pferd für die jeweilige Altersklasse festzustellen.“ Dazu richtet Holger Hetzel jedes Jahr im Juli eine große Veranstaltung für Children, Junioren und Junge Reiter sowie ein Turnier im April als Sichtung zum Preis der Besten aus. Zusätzlich sind bei seiner Turnierserie im Winter alle Kaderreiter einmal im Monat startberechtigt. „Das hat den Vorteil, dass sich die Kaderreiter unter sehr guten Bedingungen messen können und man sie gleichzeitig sichten kann. Neben den Turnieren finden dann noch Trainingseinheiten für die nächsten Championate statt.“
Denn das Niveau auf den Meisterschaften ist hoch! „Für mich ist es wichtig, dass die Reiter und Trainer, die aus dem Vereinen kommen und sich auf ländlichem Niveau bewegen, relativ schnell verstehen, welche Anforderungen für die Rheinische Meisterschaften erfüllt werden müssen. Wer noch nicht bei den Deutschen Jugendmeisterschaften gestartet ist, weiß auch nicht, was ihn dort erwartet.“
Manchmal gehen dabei die Erwartungen der Reiter und die realistische Einschätzung ihrer Leistung auseinander. Hier ist dann Diplomatie gefragt. „Ich bin dafür bekannt, dass ich die Wahrheit sage und in der korrekten Ausführung meines Jobs macht man sich als Landestrainer nicht nur Freunde, denn man muss den Reitern, Eltern und Trainern – wenn auch diplomatisch – die Wahrheit sagen. Denn wenn ich es nicht tue, wer macht es dann? Ich würde meinen Job auch nicht gut machen, wen ich um den heißen Brei herumrede“, bekräftigt Holger Hetzel.
Neben der Vorbereitung ist auch die Begleitung zu den Deutschen Meisterschaften, dem Preis der Besten und anderen großen Turnieren für Holger Hetzel selbstverständlich: „Wenn wir zu den Deutschen Meisterschaften fahren, haben wir immer den Anspruch, dass unsere Rheinländer gut abschneiden und erfolgreich sind. Das Ziel ist, so viele Reiter wie möglich in das Finale zu bekommen, dann gehört man zu den besten 50 Prozent, was ich persönlich schon gut finde. Wenn dann am Ende des Tages eine Medaille herausspringt, ist das etwas ganz Besonderes.“ Und nach all den Jahren, in denen der Landestrainer Springen seine Schützlinge zu den großen Championaten begleitet, fiebert er immer noch mit, wenn ein rheinischer Reiter sich im Parcours befindet.
„Bald werde ich meine Silberhochzeit mit dem Pferdesportverband feiern“, scherzt Hetzel. „Und irgendwann wird dann auch die Zeit kommen, dass ich anderen den Vortritt lasse. Hier ist es mir wichtig, dass diese Aufgabe in gute Hände gelegt wird und ich habe das Gefühl, dass ich mit meinen Assistenten wirklich gute Trainer gefunden habe. Christine Dorenkamp und Tobias Thoenes sind beide sehr angesehen in ihrer eigenen Leistung im Sattel, können fantastisch mit jungen Menschen umgehen und gut mit anderen Trainern und den Eltern kommunizieren. Das sind ganz wichtige Faktoren für mich, denn das Dasein des Trainers hat sich in den letzten Jahren total verändert. Es reicht nicht mehr, mit Fachwissen in der Bahn zu stehen – ein Trainer muss über eine ganze Bandbreite von Fähigkeiten verfügen“, beteuert Holger Hetzel.
Landeskader
Im Reitsport sind die einzelnen Kader der jeweiligen Disziplinen mit den Nationalmannschaften zu vergleichen. Im Zuge der Leistungsreform des Deutschen Olympischen Sportbundes wurde die vorherige Kadereinteilung in A-, B- und C-Kader im Reitsport durch die Einteilung in Olympia-, Perspektiv- bzw. Nachwuchskader abgelöst.
Die Kader auf Bundesebene werden von den einzelnen Verbänden als Landeskader fortgeführt. Zur Förderung talentierter Reiter, Fahrer und Voltigierer gibt es im Rheinland und den anderen Landesverbänden verschiedene Kader, dessen Mitglieder aufgrund von Erfolgen und besonderer Talente in diese Kader berufen werden. Die Kadermitglieder erfahren eine gesonderte Ausbildung und Förderung durch verschiedene Trainingsmaßnahmen sowie Lehrgängen bei den jeweiligen Landestrainern.
Das Hauptkriterium der Berufung in den Kader ist die Leistungsperspektive der Kombination von Reiter und Pferd bzw. der Kombination Fahrer, Gespann und Ersatzpferden bzw. die Kombination Voltigierer, Longenführer und Pferd im Hinblick auf den Einsatz bei nationalen Veranstaltungen mit überregionaler Bedeutung, nationalen Championaten und internationalen Wettkämpfen. Der Vorschlag für die Berufung erfolgt durch den zuständigen Landestrainer in Anlehnung an die Leistungen des zu Ende gehenden Jahres und unter Berücksichtigung der Leistungsperspektive für die kommende Saison. Dabei müssen für die jeweilige Kaderberufung die für die jeweiligen Kader genannten Voraussetzungen des Leistungsstandes als eine Beurteilungsgrundlage erfüllt sein.
Christine Dorenkamp
Sich in die Lage seiner Schüler hineinzuversetzen, gehört zu den wichtigsten Eigenschaften eines guten Trainers. Wer könnte das besser als eine ehemalige Kaderreiterin? Christine Dorenkamp wurde schon als Ponyreiterin in den Landeskader berufen und mit dem Wechsel aufs Großpferd schaffte sie auch erfolgreich den Sprung in den Kader der Junioren und Jungen Reiter – mit Holger Hetzel als Landestrainer Springen. „Holger war schon streng und hat seine Schüler gefordert, aber er war dabei aber sehr motivierend“, beschreibt Christine Dorenkamp den Unterrichtsstil von Holger Hetzel, der danach auch ihr Ausbilder wurde. 2007 absolvierte sie bei ihm die Lehre zum Pferdewirt Schwerpunkt Reiten und ist seitdem bei Holger Hetzel als Bereiterin und Trainerin tätig, wobei sich ihr Aufgabenfeld aufgrund eines Unfalls auf die Organisation und das Trainieren verlagert hat.
Und seit drei Jahren unterstützt Christine Dorenkamp Landestrainer Springen Holger Hetzel zusammen mit Tobias Thoenes als Assistentin: „Die Zusammenarbeit mit Holger und Tobias funktioniert sehr gut, da wir uns schon sehr lange kennen und die gleiche Denkweise besitzen“, erklärt Dorenkamp.
In ihrer Funktion als Assistentin ist die Pferdewirtin auch für das Training der Kaderreiter mitverantwortlich. Dessen Intensität richtet sich danach, wie gut die Kinder zu Hause im Training betreut werden: „Man merkt schnell, ob die Kinder einen guten Heimtrainer haben. Ist dies der Fall, mischt man sich weniger ein. Aber wenn man merkt, dass die Kinder doch noch mehr Unterstützung brauchen, dann springen wir direkt ein.“
Bestenfalls begleiteten die Landestrainer ihre Schützlinge über einen langen Zeitraum: „Ich finde es sehr interessant, wie sich die Kinder entwickeln, denn manchmal lernt man die Kinder schon im Kader der Children mit 12 Jahren als kleine Stöpsel kennen und dann wachsen sie einem am Ende über den Kopf. Dass man die Kinder lange auf ihrem Weg begleiten kann, macht mir sehr viel Spaß. Sie sind immer motiviert und man kann die Kinder noch formen, das finde ich sehr interessant.“ Zusätzlich fährt Christine Dorenkamp mit den Kaderreitern auch auf wichtige Turniere: „Wenn die Kinder an den Start gehen, muss man auf alles gefasst sein. Eine gute Mischung aus streng und motivierend mit einer großen Portion Feingefühl ist hierbei wichtig, denn man kann die Kinder beim Start auf den Deutschen Meisterschaften nicht mit Profis vergleichen. Die Kinder stehen gerade vor den großen Turnieren sehr unter Druck und natürlich sind die Eltern auch aufgeregt. Ob sportlich oder psychologisch – man muss alle betreuen“, erzählt Christin Dorenkamp mit einem Lachen.
Tobias Thoenes
Wie auch Christine Dorenkamp, unterstütz Tobias Thoenes Landestrainer Springen Holger Hetzel seit knapp drei Jahren als Assistent und ist zudem auch Stützpunkttrainer. Der 35-Jährige betreibt auf einer neugebauten Anlage in Uedem einen Turnier- und Ausbildungsstall und hat sich der Ausbildung von jungen Springtalenten verschrieben. Der gelernte Pferdewirt und Bürokaufmann ist Träger des Goldenen Reitabzeichen und im Springparcours bis S***-Niveau erfolgreich. Zudem glänzten von ihm ausgebildete Youngster schon auf dem Bundeschampionat und den Weltmeisterschaften der Jungen Pferde. Gleichzeitig fördert Thoenes aber auch zweibeinige Nachwuchstalente: „Irgendwann kommt es dann dazu, dass man selbst in der Bahn steht, Unterricht gibt und von seinen Erfahrungen berichtet. Mit der Zeit eignet man sich sein eigenes System an, bei dem man sich von seinen eigenen Ausbildern die besten Tipps herausgepickt hat“, erzählt Tobias Thoenes.
„Sicherlich war Holger Hetzel einer der ersten Trainer für mich, der mich auch schon in jungen Jahren mit Pferden unterstützt hat. Während meiner Ausbildung in Warendorf war es zuerst Ditmar Gugler und dann Lars Meyer zu Bexten, bei denen ich trainiert habe. Dann kamen auch noch mehrere Dressurtrainer dazu, wobei ich am meisten von Franz Karl Peis gelernt habe, denn das ständige Dressurtraining war für mich persönlich sehr wichtig. Nachher habe ich dann bei Paul Schockemöhle und Christian Ahlmann den Feinschliff für den Top Sport bekommen.“
Ebenso wichtig wie das Fachwissen sind die Erfahrungswerte, die man als Trainer an seine Schüler weitergibt: „Man kann von seinen eigenen Erfahrungen berichten, die man beispielsweise auf der DJM gemacht hat, damit Fehler vermieden werden können. Auch wenn es jetzt 14 Jahre her ist, dass ich zu den Jungen Reitern gehört habe, ist die Zeit für mich immer noch sehr präsent und ich kann mich sehr gut in meine Schüler hineinversetzten und weiß, wie es ist, unter Druck Höchstleistungen abzuliefern“, erklärt Tobias Thoenes. „Es ist auch ein Vorteil, dass ich als Trainer noch relativ jung bin, denn oft haben die Jugendlichen weniger Hemmungen mich anzusprechen.“
Denn so mancher Kaderreiter wurde nicht beim Sichtungsreiten, sondern auf dem Turnier entdeckt: „Wenn ich selbst Turniere reite, halte ich natürlich auch immer meine Augen auf. Wenn ein Reiter mit Perspektive zu erkennen ist, dann spreche ich mit Holger darüber. Hier haben wir beiden den gleichen Geschmack: Der stilistisch korrekt reitende Junior mit konstanter Leistung hat Vorbildcharakter und nicht der eher wild reitende Nachwuchsreiter, der nur den schnellen Erfolg im Sinn hat“, so der Trainer.
„Das Hauptaugenmerk unserer Zusammenarbeit ist, dass sechs Augen einfach mehr sehen als zwei. Wir sind dadurch breiter aufgestellt und es ist auch bei Terminüberschreitungen möglich, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein.“
So ist es auch einfacher, Eltern und Heimtrainern, die das Gespräch suchen, gerecht zu werden. „Bestenfalls bildet man mit den anderen Parteien eine Symbiose, denn es ist wichtig, dass man sich einig ist und weiß, worauf der Gegenüber Wert legt. Beide Seiten müssen aber auch den Kontakt halten und suchen, denn eine gute Kommunikation zwischen Reitern, Eltern, Heimtrainer und dem Landestrainer ist unerlässlich.“
Wenn dann noch auf den Championaten Medaillen und Platzierungen gesammelt werden, ist es umso schöner! „Es motiviert mich, wenn die Jugendlichen von meiner Erfahrung profitieren und gut umsetzen können, was ich ihnen erkläre und dadurch Fortschritte machen. Das macht unseren Arbeitsalltag interessant. Denn wenn immer alles gleichbleibt und nie eine Verbesserung zu erkennen ist, läuft etwas falsch. Es ist wichtig, dass man diesen Prozess, diese Weiterentwicklung – ob kurzfristig oder langfristig – immer sehen kann.“
Juliane Körner
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