Manuel Dominguez Bernal und Escamillo. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Manuel Dominguez Bernal und Escamillo. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Escamillo – ein Rheinländer auf dem Vormarsch in Balve

Manuel Dominguez Bernal und Escamillo. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Manuel Dominguez Bernal und Escamillo. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Neben den Meisterschaftsentscheidungen war das Dressurviereck in Balve auch Austragungsort verschiedener Nachwuchsprüfungen. Im Richard Wätjen Gedächtnispreis, Qualifikation für das Halbfinale Derby-Stars von Morgen, siegte zweimal Jessica von Bredow-Werndl mit Got it BB. Der war aber nicht das einzige Pferd, das hier aufgefallen ist.

Das gilt auch für den zehnjährigen Rheinländer Escamillo mit dem Spanier Manuel Dominguez Bernal im Sattel. Nun kann man nicht sagen, dass dieser Escolar-Rohdiamant-Sohn aus dem Gestüt Tenterhof ein Unbekannter ist, der aus dem Nichts auftauchte. Die Erfolgsgeschichte dieses Hengstes ist trotz seiner Jugend bereits lang.

Schon bei seiner Körung in Verden 2017 stach Escamillo ins Auge. Er verließ sie als Prämienhengst, damals bereits im Besitz der US-Amerikanerin Kimberly Davies-Slous. Der Stall Schult hatte Escamillo auf seine Körung vorbereitet und dort war er in den ersten Jahren auch als Deckhengst stationiert. Er absolvierte seinen Sporttest vierjährig mit der Durchschnittsnote 9,08 und fünfjährig mit einer 9,36. Das dürfte eine der besten Bewertungen sein, die je ein Hengst in dieser Form der Leistungsprüfung erzielt hat.

Bereits damals saß Helen Langehanenberg in Escamillos Sattel, die ihn auch auf den ersten Turnieren vorstellte, den Hengst mit starkem Charakter dann aber recht schnell ihrem Bereiter Manuel Dominguez Bernal überließ. Sechs- und siebenjährig vertraten die beiden Deutschland bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde und holten erst Silber und dann Bronze. Achtjährig waren sie Finalisten im Nürnberger Burg-Pokal. 2024 ging Escamillo nur ein Turnier, bereits im Februar eine S***-Prüfung, die erste für den Neunjährigen, die er prompt gewann. Danach widmete er sich seinem „Zweitjob“, dem Deckeinsatz.

In den Anfangsjahren seiner sportlichen Ausbildung hatte die US-amerikanische Besitzerin beschlossen, den Fokus auf Escamillos sportliche Karriere zu legen. Doch nachdem seine ersten Nachkommen bei Jungpferdechampionaten mit Höchstnoten den Platz verlassen hatten (z. B. Doppelbundeschampionesse Eivissa), wurde er auf der Station Schockemöhle aufgestellt. Anfang dieser Saison kam dann die Mitteilung, dass der Sport von nun an wieder im Mittelpunkt stehen werde. Balve war das zweite Turnier 2025 für den schicken Rheinländer.

Dritter bei den Stars von Morgen

Nachdem Manuel Dominguez Bernal und Escamillo im März bei einem regionalen Turnier in Unna eine Intermédiaire II mit fast 76 Prozent gewinnen konnten, war Balve das erste große Turnier für den Hengst seit eineinhalb Jahren. Schon in der Einlaufprüfung für die Finalqualifikation beeindruckte das Paar – wenngleich ihnen hier zu viele Fehler insbesondere in der Galopptour unterliefen. Aber es gab auch schon ganz viel Gutes.

Der Hengst passagiert mit einer Energie und Elastizität, die Anlass zu größten Hoffnungen geben. Die Verstärkungen in Trab und Galopp gehen kaum besser. In den Traversalverschiebungen kreuzte er weit und behielt Schwung und Kadenz mühelos bei.

Die Serienwechsel, wie auch die einzelnen fliegenden Wechsel waren zwar noch fehlerbehaftet, aber anders als bei manch anderem Paar, wo diese Fehler Rückschlüsse auf mangelnde Losgelassenheit erlauben, war es hier wohl eher eine Konzentrationsfrage.

Das ist vielleicht die größte Herausforderung, vor der Manuel Dominguez Bernal als Reiter steht: Escamillos Aufmerksamkeit zu erhalten. Das wurde auch schon früher bisweilen deutlich, und auch in Balve rief Escamillo zwischendurch lautstark nach den Kollegen auf dem Abreiteplatz. Eigentlich geht Escamillo auch Schritt für sehr hohe Noten, aber insbesondere in der ersten Prüfung kam er auf der Diagonalen nicht zur vollständigen Losgelassenheit.

Auf der „Soll-Seite“ in beiden Prüfungen standen noch die Piaffen. Energie und Elastizität aus der Passage in die Piaffe zurückzuführen, fiel dem Hengst in Balve noch schwer. Hier muss er noch an Sicherheit gewinnen. In beiden Prüfungen „klebte“ er noch etwas am Boden, trat teilweise nicht reell diagonal und musste vom Reiter noch sehr mit allen zur Verfügung stehenden Hilfen unterstützt werden, worunter die Losgelassenheit in dieser Lektion litt, in der zweiten Prüfung noch mehr als in der ersten. Aber besonders in der zweiten Piaffe der ersten Prüfung konnte man erkennen, dass die Veranlagung durchaus da ist und dass Escamillo das dann auch in die Übergänge wird übersetzen können.

Die Übergänge waren etwas, das Richterin Ulrike Nivelle auch in ihrem Kommentar ansprach. Man hatte bisweilen den Eindruck, dass Escamillo noch etwas in die Piaffen „hinein bremste“ und der Reiter in diesen Momenten Mühe hatte, ihn vor den treibenden Hilfen zu behalten. Dass er in anderen Sequenzen nicht immer reell zur Hand zog und etwas „leer“ in der Anlehnung war, konnte man auch an dem sich immer wieder öffnenden Maul erkennen – wobei die Handeinwirkung des Reiters nicht feiner hätte sein können!

Aber das alles tut Escamillos Qualität und der Perspektive keinen Abbruch, wenn es Manuel Dominguez Bernal gelingt, das Puzzle zusammenzusetzen und den Hengst auf seiner Seite zu behalten. Dann dürfte notenmäßig deutlich mehr drin sein, als die 71,237 Prozent, die es diesmal in der zweiten Prüfung wurden (in der ersten mit den vielen Fehlern waren es nicht repräsentative 67,711 Prozent gewesen).

Sieger Got it BB

Jessica von Bredow-Werndl und Got it BB. Sportfotos-lafrentz.de
Jessica von Bredow-Werndl und Got it BB. Sportfotos-lafrentz.de

Ja, man kann sagen, Jessica von Bredow-Werndls Grand Galaxy Win-Sohn hat das Grand Prix-Programm seinem Namen entsprechend bereits sehr gut verstanden. In beiden Prüfungen gelangen den beiden schon sehr ausgereifte, ausbalancierte Runden, denen nun noch der Feinschliff fehlt, der mit Kraft und Erfahrung kommen dürfte. In der ersten Prüfung war Got it BB zeitweise noch recht unruhig im Maul. Das war in der zweiten viel besser, wo er sich fast durchweg in schöner Selbsthaltung und zufrieden präsentierte.

Für die Piaffe-Passage-Arbeit bringt der zehnjährige dänische Wallach aus der Zucht von Morten Thomsen Talent mit. Hier kommt ihm sein lockerer und engagierter Bewegungsablauf entgegen. Zugleich dürfte die Passage auf Dauer aber akzentuierter werden mit klarerem Schwebemoment – den man sich übrigens auch in der Verstärkung wünschen würde. In den Traversalverschiebungen dürfte der Wallach für die Klasse S*** noch deutlicher kreuzen. Wobei Takt und Schwung gut erhalten blieben.

Nach einem sehr schönen starken und einem ebenfalls gelungenen versammelten Schritt folgte die Schaukel, in der die Reiter erst vier Tritte rückwärtsrichten, dann wieder vier Schritte nach vorne reiten und wieder vier Tritte rückwärtsrichten müssen, um daraus anzugaloppieren. Das alles soll möglichst ohne zu stocken im Fluss erfolgen, eben wie eine Schaukel. Man hat also nicht nur die Durchlässigkeitsfrage zu beantworten, sondern die Pferde sollen auch zwischen der diagonalen Fußfolge beim Rückwärtsrichten und dem Schrittablauf hin und her wechseln. Nicht einfach! Jessica von Bredow-Werndl ritt diese Lektion mit sehr viel Gefühl und Sorgfalt und wurde dafür belohnt.

Ähnlich präzise war sie auch in der Galopptour unterwegs. Die erste Pirouette war ein Highlight der Prüfung, die zweite gelang nicht ganz so gut in der Balance. Mutig herausgeritten wurde der starke Galopp. Sehr schön und souverän gelangen die Wechseltouren – wobei es gut war, dass anders als im Grand Prix hier nur neun Einerwechsel gefragt waren, denn gegen Ende ging den beiden der Schwung etwas verloren. Aber auch das dürfte eine Sache der Kraft sein.

Alles in allem war besonders die zweite Prüfung einfach schön anzuschauen und die Bewertung von 73,684 spiegelten den Ritt gut wider: Die beiden sind ausbildungsmäßig auf dem Weg von „ziemlich gut“ zu „gut“.

Valdiviani auf Rang zwei

Isabell Werth und Valdiviani. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Isabell Werth und Valdiviani. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Ein Pferd ganz anderer Machart als Got it BB ist Isabell Werths erst neunjähriger Valdiviani aka „Valdi“. Doch von einem Dackel hat dieser imposante Hannoveraner Veneno-Sohn so gar nichts! Er ist ein richtiges Kraftpaket und so bewegt er sich auch.

Was Selbsthaltung und Anlehnung angeht, blieb aber noch Luft nach oben. Zum Teil fiel die Kandare so stark durch, dass der Schenkel des Gebisses nahezu parallel zum Boden stand. Das führte dazu, dass der Hengst phasenweise richtiggehend im Maul sperrte.

Gut gelangen dem Paar in der entscheidenden zweiten Prüfung die Traversalverschiebungen im Trab, nach links besser als nach rechts. In der Passage kam Valdiviani kraftvoll vom Boden weg, nickte aber noch deutlich mit dem Kopf und war unruhig im Schweif. In der Piaffe senkte er sich in der Kruppe, und fußte sicher im Diagonaltakt ab, zugleich aber mit den Hinterbeinen noch nicht genügend in Richtung Schwerpunkt.

Im starken Schritt würde man sich deutlich mehr Raumgriff und gelasseneres Schreiten wünschen. In der Galopptour konnte der Hengst punkten. Die Pirouetten waren ausbalanciert und zentriert. Doch besonders in der zweiten quittierte der Hengst die reiterliche Einwirkung mit einem deutlich offenen Maul. Sehr ausdrucksvoll gelangen danach die Zweierwechsel, maximal durch- und kraftvoll ins Bergauf gesprungen. Da gab es zum Teil Neunen. Von ähnlicher Qualität begannen die beiden auch die Einerwechsel, doch beim dritten setzte Valdiviani einmal aus.

Es folgte noch ein ausdrucksvoller starker Trab und eine sicher vorgetragene Schlusslinie mit guten Übergängen in Piaffe und Passage. Alles in allem wurde es mit 72,895 Prozent Platz zwei für den Hannoveraner Veneno-Sohn aus der Zucht von Roger Ballmann.

Platz sechs und sieben für Klose-Piontek

Isabell Werth war nicht die einzige Reiterin aus dem Rheinland im Richard Wätjen Gedächtnispreis. Auch Jeanine Klose-Piontek hatte sich auf den Weg nach Balve gemacht und hier ihren Oldenburger mit dem schönen Namen Fritzlakritz gesattelt. Wenngleich es noch Unsicherheiten gab – insbesondere in den Lektionen höchster Versammlung –, gefielen der zwölfjährige Feedback-Sohn aus der Zucht von Daniela Werheit-Wagemeyer und seine Reiterin als harmonisches Paar. Der Rappe bewegte sich mit großer Elastizität durch den Körper und war weitgehend sicher in der Anlehnung, wenngleich der Ganaschenwinkel zum Teil hätte offener sein dürfen. In der ersten Prüfung wurden sie mit 67,316 Prozent Sechste, in der zweiten Siebte mit 68,105 Prozent.

Fleißbiene Schölermann

Eine der meistbeschäftigten Aktiven in Balve war die zweifache Silbermedaillengewinnerin der U25-DM, Anna Schölermann. Die Bereiterin aus dem Stall von Hubertus Schmidt stellte insgesamt vier Pferde vor, zwei in der U25-Tour (wo sie sich mit Springborgs Guardian für die U25-Europameisterschaft empfahl), dazu den Weihegold-Sohn Vitally v. Vitalis im Nürnberger Burg-Pokal und den zehnjährigen Superstar v. Sir Heinrich – ein Ebenbild seines Vaters – im Richard Wätjen Gedächtnispreis. Das ist nicht nur wegen Schölermanns Platzierungen erwähnenswert (mit Superstar wurde sie Siebte und Sechste mit 67,132 bzw. 69,211 Prozent), sondern vor allem wegen der Art und Weise, wie sie all ihre Pferde präsentierte: Jedes holte sie dort ab, wo es stand, forderte ohne zu überfordern und präsentierte vier klassisch ausgebildete Pferde auf dem richtigen Weg. Alles andere als selbstverständlich und darum erwähnenswert.

Die Ergebnisse im Überblick finden Sie hier.

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