
Nachdem der CHIO Aachen 2024 am vergangenen Wochenende mit den Voltigierprüfungen begonnen hat, fand am heutigen Dienstag die traditionelle Eröffnung des Turniers für die weiteren Disziplinen – Dressur, Springen, Vielseitigkeit und Fahren – statt. Im Rahmen der spektakulären wie emotionalen Eröffnungsfeier erklärte die rheinische Grande Dame des Dressursports, Isabell Werth, zusammen mit Laura Kraut den diesjährigen CHIO Aachen offiziell für eröffnet. Und auch die ersten Schleifen im Parcours wurden heute vergeben.
Nach einem öffentlichen und moderierten Trainingsspringen am Morgen, läutete heute endlich die Startglocke im Hauptstadion der Aachener Soers das erste Springen des Turniers ein. Beim STAWAG Eröffnungsspringen handelte es sich um eine CSIO5*-Springprüfung, die sich an reger Beteiligung namhafter Springreiter aus der ganzen Welt erfreute. Ganz oben auf dem Siegerpodest stand schließlich der Franzose Francois Xavier Boudant, der mit seinem ebenfalls französisch abstammenden Hengst Egoki das Bestergebnis erzielte. Der zehnjährige Catoki-Nachkomme und sein Reiter blieben fehlerfrei bei einer Zeit von 62,62 Sekunden. Zu Platz zwei sprangen Richard Vogel und der Hannoveranerwallach Cydello, die ohne Fehler nach 63,08 Sekunden ins Ziel kamen. Cydello, abstammend von Cascadello, ist ebenfalls zehn Jahre alt. So auch das Pferd der drittplatzierten Petronella Andersson aus Schweden, ein belgisch gezogener Hengst von Hunters‘ Scendro namens Ollister du Lys. Dieses Paar erzielte eine Zeit von 63,41 Sekunden und ließ sich ebenfalls keine Fehler zu Schulden kommen.

Am Nachmittag ging es weiter mit der Qualifikationsprüfung für Deutschlands U25 Springpokal der Stiftung Deutscher Pferdesport und Holger Hetzel, einer nationalen Springprüfung mit großer Bedeutung für die besten jungen Springreiter des Landes. Aus dieser ging Hannes Ahlmann als strahlender Sieger hervor, nachdem er im Sattel von Tokyo ohne Fehler in 73,64 Sekunden ins Ziel kam. Tokyo ist eine neunjährige Holsteiner-Tochter des Toulon. Platz zwei wurde es für Henrike-Sophie Boy und die 2014 geborene Oldenburgerstute Aquarell Sun. Die Arcadius-Tochter trug ihre Reiterin strafpunktfrei in 74,12 Sekunden durch den Parcours. Dritter wurde Enno Klaphake, der den Oldenburger NC Verso Red Wine mit nach Aachen gebracht hatte. Auf dem Rücken des zwölfjährigen Wallachs von Vigo D’arsouilles behielt er ebenfalls eine weiße Weste, die Zeit stoppte bei 77,20 Sekunden. Mit nur sechs Millisekunden Abstand platzierte sich Laura Hetzel ganz dicht dahinter auf Rang vier. Die rheinische Amazone, startend für die RSG Niederrhein, zeigte auf Angel D’or eine fehlerfreie, gelungene Runde und machte es zeitlich demnach besonders spannend. Am Ende verpassten die 24-Jährige und ihre 2012 geborene Westfalenstute von Askari eine Top Drei-Platzierung nur um Haaresbreite.
Nach den jungen Reitern waren schließlich auch die jungen Pferde dran, ihr Können in der Aachener Soers unter Beweis zu stellen. Im Sparkassen-Youngsters-Cup, einer CSIYH1*-Springprüfung über zwei Phasen, siegte Ben Maher mit dem Oldenburger Sportpferd Corlander. Der von Cornet Colbert abstammende Hengst und sein Reiter vertraten die britische Flagge und blieben in beiden Umläufen fehlerfrei. Sie lieferten zudem die schnellste Zeit von 38,96 Sekunden und durften sich somit über die prunkvolle Aachener Siegerschleife freuen. Für zwei Nullrunden und eine Zeit von 39,28 Sekunden wurden Richard Vogel und der Wallach Levi Noesar mit dem zweiten Platz belohnt. Der Zirocco Blue-Nachkomme stammt aus der niederländischen Zucht. Noch knapper als Laura Hetzel zuvor, machte es in diesem Springen Philipp Weishaupt, der genau eine Millisekunde langsamer war als Richard Vogel. 39,29 Sekunden lautete sein Ergebnis, nachdem er ebenfalls keine Springfehler zu verzeichnen hatte. Somit gab es den dritten Platz für ihn und seine Grace de la Claye, eine Utrillo V. Heffinck-Tochter aus französischer Abstammung. Alle drei Pferde waren übrigens acht Jahre jung.

Während im Springen also bereits die ersten Erfolge – auch mit rheinischer Beteiligung – zu verzeichnen waren, liefen in den anderen Disziplinen die Vorbereitungen für die kommenden Turniertage auf Hochtouren. Unter anderem nutzte Isabell Werth die Gelegenheit, ihrem Pferd schon einmal das beeindruckende Deutsche Bank-Dressurstadion zu zeigen.

Nach dem Training wurde der rheinischen Weltklasse-Dressurreiterin am Abend aber noch eine besondere Ehre zuteil: Gemeinsam mit Laura Kraut durfte sie den CHIO Aachen 2024 offiziell für eröffnet erklären. Isabell Werth und Laura Kraut standen dabei stellvertretend für die zahlreichen berühmten Spitzensportler aus aller Welt, die Jahr für Jahr nach Aachen kommen, um beim Weltfest des Pferdesports um die so prestigeträchtigen Siege und Platzierungen zu reiten. Die siebenfache Olympiasiegerin in der Dressur, Isabell Werth, und die US-amerikanische Mannschaftsolympiasiegerin im Springen, Laura Kraut, eröffneten das Turnier mit den Worten “We are the world” – ein Motto, das nicht passender sein könnte, vereint die Aachener Soers doch seit nunmehr 100 Jahren Pferdesportler aus den unterschiedlichsten Ländern in ihrer Liebe zum Pferdesport. Auch 2024 sind Reiterinnen und Reiter aus über 30 Nationen mit ihren Pferden am Start, diese wurden zu Beginn der Eröffnungsfeier repräsentiert von Reitern, die auf ihren Pferden die verschiedenen Flaggen ins Hauptstadion brachten. Pünktlich zu diesem so beliebten Programmpunkt, der das Publikum im ausverkauften Hauptstadion so manches Mal zum Staunen brachte, schien übrigens auch wieder die Sonne am Himmel.
Die Eröffnungsfeier war eine Hommage an das diesjährige Partnerland des CHIO Aachen, die USA. Unter dem Motto “A perfect match” feiern Deutschland und die Vereinigten Staaten nun im Rahmen des Turniers ihre langjährigen Beziehungen und die Faszination beider Länder für den Reitsport. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst lobte in seiner Ansprache den CHIO Aachen einmal mehr dafür, dass er Völker zusammenbringt und den Sport mit Fairness und Weltoffenheit zelebriert – so, wie es gerade in der heutigen Zeit von enormer Bedeutung ist. Nach Auftritten der Soldaten der Fahnenwache sowie der alten Garde aus den USA und natürlich der Nationalhymne startete der spektakuläre Teil des Showprogramms. Das NRW-Landgestüt Warendorf stellte zwölf Landbeschäler in einer Quadrille vor, die Reiter dabei im Paraderock aus den 1920er-Jahren, zusätzlich gab es eine Pony-Quadrille aus Niedersachsen im USA-Look und eine Western-Quadrille mit Flaggen. Pink wurde es kurze Zeit später, als Barbie und Ken zu Pferde in das Hauptstadion einritten, begleitet von über 200 Tänzerinnen und Tänzern sowie zahlreichen weiteren Reiter-Pferd-Paaren, die ihren Auftritt der in den USA entstandenen Puppe widmeten. Line Dance, Trick Roping mit Lasso und Peitsche sowie Sänger und Westernreiter Danny Griego, der extra aus Texas eingeflogen wurde, brachten den Zuschauern im Anschluss das Country-Feeling näher.
Auch zahlreiche typische Pferderassen aus den USA, einem Land mit langer Pferdetradition, wurden im Laufe des Abends vorgestellt, wie auch die damit verbundenen Reit- und Arbeitsweisen der Cowboys. Allen voran waren das natürlich die Mustangs, aber auch American Quarter Horses, Appaloosas, Paint Horses, Criollos und Palominos waren im Stadion zu sehen. Doch Pferde waren tatsächlich nicht die einzigen Tiere, die am heutigen Abend in der Soers gefeiert wurden. Denn auch das Wappentier und Wahrzeichen der Vereinigten Staaten, der Weißkopfseeadler, flog über staunende Zuschauer hinweg. Sportlich ging es weiter mit den Footballern und Cheerleadern der Rhein Fire-Düsseldorf, die zusammen mit der amerikanischen Nationalmannschaft „USA Cheer“ für Superbowl-Feeling sorgten. So auch die Marching Band, die eine faszinierende Tradition im American Football zur Halbzeitshow darstellt. Noch mehr Action versprachen dann einerseits Surfer, die auf ihren Brettern von Pferden über den Aachener Rasen gezogen wurden, und andererseits sogenannte Offroad-Kjörer, die sich auf Rollerblades von einem Pferd ziehen lassen und dabei einen Slalom- oder Hindernisparcours absolvieren. Die klare Empfehlung des Abends: Nicht einfach zuhause mit dem eigenen Pferd nachmachen! Zum Abschluss dieser turbulenten, vielfältigen und rundum gelungenen Eröffnungsfeier formierten sich die Tänzerinnen und Tänzer noch einmal als großer Stern inmitten des Stadions. Das Flutlicht wurde ausgeschaltet und mit einem beeindruckenden Feuerwerk ging die Show zu Ende.


Fotos: Rebecca Thamm, Luisa Poose