
Tag eins der Europameisterschaften der Springreiter 2025 in La Coruña ist Geschichte – aus deutscher Sicht eine überwiegend positive. Und eine, die einmal mehr die Meisterschaft von Parcourschef Santiago Varela verdeutlichte.
Championatskurse so zu bauen, dass schwächere Paare eine Chance haben, aber auch starke Kombinationen Fehler machen, diese Kunst beherrscht der spanische Parcoursdesigner Santiago Varela (ESP) wie kaum ein zweiter. So war es auch heute zum Auftakt der Europameisterschaften der Springreiter 2025 in La Coruña.

Das 1,50 Meter-Zeitspringen war flüssig und gut zu reiten, wenn man nicht volles Risiko ging. Aber es waren auch Klippen eingebaut. Marcus Ehning, der erste deutsche Reiter, der mit seinem Coolio eine sichere, aber nicht allzu schnelle Nullrunde ablieferte, sprach von einer „delikaten Wendung“ auf die Mauer, die ohne große seitliche Begrenzungen aus einer mehr oder weniger weiten Wendung heraus anzureiten war, je nachdem wie risikofreudig die Reiter waren. An dieser Stelle hatten einige Paare Probleme.

So auch Sophie Hinners und My Prins, die ansonsten super unterwegs waren im ersten Parcours bei ihrem ersten Championat. Aber vor der Mauer wollte Hinners einfach zu eng herum. Sie kam zu dicht an den Sprung, ihr Schimmel schraubte sich mit katzenartiger Geschicklichkeit noch über das Hindernis, musste aber die Hinterbeine ausstrecken, um seine Balance in der Landung zu finden und kickte so die obersten Mauerteile herunter. Sophie Hinners trug es mit Fassung: „Ich bereue es nicht, das Risiko eingegangen zu sein. Hätte ich den weiten Weg genommen, wären wir so viel langsamer gewesen, dass wir wahrscheinlich auf dem gleichen Platz gelandet wären.“ Aktuell ist es der 32. Marcus Ehning und Coolio liegen mit ihrer Nullrunde an 29. Stelle.
Top Ten für Vogel und Kukuk

Deutlich besser lief es für die beiden deutschen Mannschaftsreiter, die in der vorletzten und letzten Startergruppe dran waren und sich mehr Paare anschauen konnten. Olympiasieger Christian Kukuk hat nicht seinen Goldgewinner Checker in La Coruña dabei, sondern die elfjährige Tyson-Tochter Just be Gentle, die eine schnelle souveräne Nullrunde drehte, mit der die beiden aktuell an neunter Stelle rangieren. 76,57 Sekunden benötigten sie. 90 Prozent des Parcours seien genauso gelaufen, wie er sich das vorgenommen hatte, berichtete Christian Kukuk später. Er sei sehr zufrieden.
Noch besser unterwegs waren Richard Vogel und United Touch S. Der wunderbare Untouched-Sohn sparte mit seinem Riesengalopp bei den Distanzen so manchen Galoppsprung ein – auch an Stellen, an denen er selbst das eigentlich gar nicht vorgesehen hatte, wie Vogel später einräumte. „Du wolltest es wohl wirklich wissen!“, fragte ihn die Pressebeauftragte der FEI, woraufhin Vogel korrigierte: „United wollte es wissen! Ich habe einfach Glück, in seinem Sattel zu sitzen.“ Am Ende stoppte die Uhr bei 73,96 Sekunden – gerade mal Dreihundertstel Sekunden mehr als das Paar an der Spitze, Platz zwei für Vogel.
Auf Platz eins nach dem Zeitspringen liegt das irische Einzelpaar, Daniel Coyle mit Legacy. Diese Stute ist ein ganz anderer Typ als United Touch, verschenkt über den Sprüngen nicht einen Millimeter Platz und galoppiert eher praktisch, als raumgreifend. Aber so kommt man gut um die Kurven und das konnten die beiden heute voll für sich nutzen. 73,93 Sekunden lautete ihre Zeit.
Dritter ist derzeit der in Dagobertshausen ansässige Brite Donald Whitaker auf Millfield Colette nach einer spektakulär schönen Runde (75,27).
Komplettiert werden die Top fünf durch Julien Epaillard mit Donatello d’Auge für Frankreich auf Platz vier und Scott Brass (GBR) und Hello Folie.
Dahinter folgt als Sechster Titelverteidiger Steve Guerdat, der nicht seine Goldstute Dynamix du Belheme in La Coruña dabei hat, sondern den Bamako de Muze-Sohn Iashin Sitte.
Rang sieben nimmt die Italienerin Giulia Martinen Marquet auf Delta Del’Isle ein. Achter ist derzeit der Portugiese Rodrigo Giesteira Almeida, der mit seiner Karonia.L gleich erster Starter heute um 15 Uhr war und den Parcours wie ein Kinderspiel hatte aussehen lassen. Ein Irrtum, wie sich ja schnell herausgestellt hat, denn es gab auch Stürze. Doch alle Reiter und Pferde konnten den Parcours auf ihren eigenen Beinen verlassen.
Komplettiert werden die Top Ten durch das belgische Dreamteam Ermitage Kalone und Gilles Thomas, deren Runde einmal mehr aussah wie ein L-Stilspringen.
Stand Mannschaftswertung, Fazit von Becker, Pech für Dreher
In der Mannschaftswertung führen nach jetzigem Stand die Briten mit 3,96 Strafpunkten vor Deutschland mit 4,19 Strafpunkten und den Belgiern mit 4,61 Fehlern. Das hat also noch nicht viel zu sagen.
Bundestrainer Otto Becker sagte: „Grundsätzlich denke ich, können wir sehr zufrieden sein. (Wir) haben vier Toprunden gesehen. Alle haben ihre aktuell gute Form heute bestätigt. Marcus Ehning, der als erster relativ früh rein musste, hat’s ein bisschen vorsichtiger angehen lassen, was sich auch im Ergebnis niederschlägt. Sophie ist viel Risiko eingegangen, ist zur Mauer vorne rum, hatte da einen Abwurf, aber ansonsten auch eine sehr schnelle und sichere Runde. Christian und Richard, die hatten natürlich bessere Startpositionen, wussten schon besser, wie man den Parcours reitet, und das waren auch zwei blitzsaubere Runden, auch mit mehr Risiko. Ich denke, wir können mit dem ersten Tag sehr zufrieden sein.“

Weniger zufrieden dürfte Hans-Dieter Dreher mit seinem Auftakt bei seinem ersten Championatseinsatz gewesen sein. Er ist mit Elysium als Einzelreiter am Start und bis zum vorletzten Hindernis, der zweifachen Kombination, sah der Auftritt der beiden super souverän aus. Aber hier nahm der Holsteiner Schimmel gleich beide Stangen mit. Eine Erklärung dafür hatte auch Dreher nicht parat. „Ich habe das Video noch nicht gesehen, ich muss mir das Video noch anschauen. Im Moment weiß ich gar nicht warum“, resümierte er etwas ratlos. Nach derzeitigem Stand ist er 57. der 89 Starter, wobei drei heute ausgeschieden sind nach Stürzen.
Das Mannschaftsergebnis in der Übersicht finden Sie hier.
Den Stand in der Einzelwertung kann man hier einsehen.
Morgen geht es um 15 Uhr weiter mit dem ersten Umlauf der Mannschaftsentscheidung. Die Medaillen werden am Freitag verteilt.





