Der Donnerstag ist traditionell der Tag der Nationenpreise beim CHIO Aachen. Im Fahren liefert die erste Wertungsprüfung einen verheißungsvollen Zwischenstand, im Springen entscheidet eine spannende Flutlichtprüfung zum Tagesabschluss und auch in der Dressur stehen die Gewinner bereits fest. Einen großartigen Doppelerfolg konnte hier Isabell Werth feiern, die sowohl die Einzelwertung gewann als auch den Sieg den mit der deutschen Mannschaft holte.
Bereits um 9:00 Uhr morgens läutete der Preis der Familie Tesch den sechsten Turniertag im Deutsche Bank Stadion ein. Der CDIO5* Grand Prix war dabei nicht nur Einzelwertung der Dressurreiter, sondern zugleich auch Mannschaftswertung zum Lambertz Nationenpreis. Nach einer gelungenen Vorstellung mit Wendy de Fontaine durfte hier einmal mehr Isabell Werth das Siegertreppchen erklimmen. Die für den rheinischen Reit- und Fahrverein Graf von Schmettow Eversael startende Reiterin stellte die zehnjährige Sezuan-Tochter überzeugend vor und kassierte somit das Bestergebnis von 76,500 Prozent. Dass Isabell Werth mit Wendy, wie die Stute genannt wird, im Nationenpreis startete, wurde übrigens erst kurz vor dem Turnier vom Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) entschieden. DSP Quantaz, der eigentlich für die Equipe nominiert war, übernimmt nun den Part seiner vierbeinigen Kollegin in der 4*-Tour. Denn im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Paris sollte die Stute noch einmal auf einer ganz großen Bühne ihr Können unter Beweis stellen – schließlich ist die Nationenpreisprüfung in Aachen auch eine Sichtung für Olympia. Isabell Werth, die Wendy erst zu Beginn des Jahres aus dem Stall Helgstrand übernommen hatte, zeigte sich in der anschließenden Pressekonferenz zufrieden: “Die Stute ist fantastisch, immer ehrlich und gibt ihr Bestes. Mit jeder Prüfung gewinnen wir an Erfahrung und wachsen mehr und mehr zusammen. Ein paar Details müssen wir zwar noch ausarbeiten, aber ich bin sehr glücklich.” Grund zur Freude hatte die Rheinbergerin schließlich auch gleich in doppelter Hinsicht. Denn dank der ebenso eindrucksvollen Leistungen ihrer Teammitglieder konnte sie auch den Sieg in der Mannschaftswertung nach Hause holen. Die deutsche Equipe, neben Isabell Werth bestehend aus Ingrid Klimke, Frederic Wandres und Katharina Hemmer, siegte heute zum insgesamt 43. Mal im Nationenpreis. Auf Platz zwei rangierte die Niederlande vor Dänemark.
Der Siegeswille der deutschen Mannschaft spiegelte sich dabei schon in der Einzelwertung wider. Denn tatsächlich wurden auch die Plätze zwei und drei auf dem Podest von Reitern eingenommen, die in Aachen ländertechnisch ein Heimspiel hatten. Als zweitbestes Paar schlossen Ingrid Klimke und ihr Franziskus FRH den Preis der Familie Tesch ab. Der Hannoveranerhengst, ein 2008 geborener Sohn des Fidertanz, und seine Reiterin zeigten eine harmonische, zugleich ausdrucksstarke Vorstellung, für die sie mit 76,043 Prozent belohnt wurden. Frederic Wandres wurde am heutigen Turniertag trotz Fehlern in der Galopptour mit dem dritten Platz bewertet. Im Sattel seines 14-jährigen Oldenburgers Bluetooth OLD ritt er zu 75,630 Prozent. Die vierte Deutsche im Bunde, Katharina Hemmer, hatte leider etwas Pech bei ihrem Nationenpreisdebüt in Aachen, da ihr Pferd sich in dem imposanten Deutsche Bank Stadion etwas von der Atmosphäre beeindrucken ließ. Mit Marcus Orlob fand sich übrigens noch ein ehemaliger Rheinländer, der inzwischen im diesjährigen Partnerland des CHIO Aachen – den USA – beheimatet ist, auf Rang sieben dieser Prüfung wieder. Der ursprünglich aus Düsseldorf stammende Reiter erzielte mit seiner KWPN-Stute namens Jane ein Ergebnis von 73,326 Prozent.
Im Fahrstadion ging mit dem Preis der Martello Immobilienmanagement GmbH & Co. KG, der Dressurprüfung für Vierspänner, am Vormittag auch die erste Wertungsprüfung für den Nationenpreis los. Hier holte Chester Weber den Sieg für die Vereinigten Staaten. Mit seinen Pferden First Edition, Julius V, Kadora und Nico Teusje C erzielte er 35,59 Minuspunkte und brachte damit einige Punkte Abstand zwischen sich und den elffachen Aachen-Sieger Boyd Exell aus Australien, der sich mit dem zweiten Platz begnügen musste. Boyd Excell hatte Celviro, Checkmate, Hero und Ivor angespannt und fuhr mit ihnen zu 38,79 Minuspunkten. Den dritten Platz belegte mit Mareike Harm eine Fahrerin aus dem deutschen Team. Ihre Pferde G, Racciano, Zalando und Zazou zeigten sich in der Aachener Kulisse sehr motiviert, was leider ein wenig zu Lasten der Schritt-Tour ging. Nichtsdestotrotz erhielt Mareike Harm mit insgesamt 40,99 Minuspunkten ein super Ergebnis, das ihr nicht nur einen Platz auf dem Treppchen einbrachte, sondern auch zur Führung des deutschen Teams im Zwischenstand nach der Dressur beitrug. Denn nach dieser ersten Wertungsprüfung belegen die heimischen Fahrer – Mareike Harm, Michael Brauchle und Georg von Stein – vorläufig Platz eins vor ihren Konkurrenten aus Australien und den Niederlanden.
Auf dem “heiligen Rasen” im Hauptstadion eröffnete der Sparkassen-Youngsters-Cup, eine CSIYH1*-Prüfung für junge Pferde, den Turniertag. Als Sieger aus diesem Springen ging der Belgier Nicola Philippaerts hervor, der fehlerfrei blieb und die Bestzeit von 58,16 Sekunden einholte. Er hatte den französisch abstammenden Wallach Gadget Mouche dabei. Der achtjährige Andiamo Semilly-Sohn wurde bis dato hauptsächlich von Nicola Philippaerts’ Vater und Bruder geritten – Aachen war das erste gemeinsame internationale Turnier für diese beiden. Zu Platz zwei sprangen Henrik von Eckermann, der amtierende Weltranglisten-Erste, und sein belgischer Warmbluthengst Steely Dan. Der ebenfalls achtjährige Hardrock Z-Nachkomme und sein Reiter blieben ohne Fehler in 59,11 Sekunden. Rang drei gab es für die Kanadierin Erynn Ballard mit der Zangersheider Stute Marieke Z Santa Rosa von Moncler van Overis, sieben Jahre jung. Auch dieses Paar kam strafpunktfrei ins Ziel, die Zeit stoppte bei 60,06 Sekunden.
Weiter ging es mit dem STAWAG-Preis, einer CSIO5*-Prüfung nach Fehlern und Zeit. In einem starken Starterfeld siegte Abdel Saïd, der für Belgien startet, mit seiner französischen Stute Arpege du Ru. Ein fehlerfreier Ritt in 63,04 Sekunden im Sattel der 14 Jahre alten Apache d’Adriers-Tochter erbrachte dem Reiter seine erste Goldschleife in der Aachener Soers. Dicht dahinter platzierte sich der bereits zuvor erfolgreich gewesene Richard Vogel. Mit dem Hannoveranerwallach Cydello, zehnjährig von Cascadello, kam auch er fehlerfrei ins Ziel und war nur ein wenig langsamer bei insgesamt 63,45 Sekunden. Den dritten Platz belegten Mclain Ward und First Lady aus den USA. Die 2013 geborene Oldenburger-Tochter des Don Diarado und ihr Reiter waren mit 63,75 Sekunden ebenfalls schnell unterwegs und ließen sich keine Fehler zu Schulden kommen. Auf dem fünften Rang in diesem Springen fand sich mit Katrin Eckermann zudem eine erfolgreiche rheinische Vertreterin wieder. Mit dabei hatte die für den Reitverein Kranenburg und Umgebung startende Reiterin Chao Lee, eine Stute aus der familieneigenen Zucht. Die rheinisch gezogene, elfjährige Tochter des Comme il faut, trug ihre Reiterin ohne Strafpunkte in 66,06 Sekunden über die Ziellinie.
Auch im Parcours war das Tageshighlight natürlich der Mercedes-Benz-Nationenpreis, der am Abend noch im Sonnenschein begann, sich bei zehn teilnehmenden Nationen und zwei Umläufen aber bis in die späteren Stunden hineinzog, sodass irgendwann das Flutlicht eingeschaltet wurde. Nachdem die Mannschaften aus der Schweiz und den USA leider bereits nach dem ersten Umlauf ausschieden, manifestierte sich der Sieg für Irland dann bereits nach dem dritten Starter dieser Nation. Denn die irische Equipe war die Einzige, die bis dato noch mit einer völlig weißen Weste unterwegs gewesen war – und so stand der Sieger des Abends bereits fest, noch bevor die jeweils vierten Starterpaare eines Teams ihre Ritte im zweiten Umlauf hinter sich hatten. Eine großartige Leistung von Denis Lynch, Bertram Allen, Shane Sweetnam und Cian O’Connor, die damit dafür sorgten, dass Irland zum nunmehr sechsten Mal diesen so prestigeträchtigen Preis gewann. Auf dem Silberrang platzierte sich, beinahe schon etwas überraschend, die Mannschaft aus Mexiko. Nicolas Pizzaro, Andres Azcarraga, Federico Fernandez und Eugenio Garza Perez hatten, genau wie ihre erfahrenen britischen Kollegen, schlussendlich vier Fehlerpunkte zu verbuchen. Sie lieferten jedoch insgesamt die schnellere Zeit, die in diesem Fall über die Plätze zwei und drei entschied. Die weißen Schleifen gab es also für Großbritannien und damit Ben Maher, Harry Charles, Robert Whitaker und Scott Brash. Frauenpower legte unterdessen das deutsche Nationenpreisteam an den Tag, das sich jedoch am Ende mit Platz sechs zufriedengeben musste. Zwei starke Nullrunden lieferten sowohl Jana Wargers mit ihrem Pferd Limbridge als auch Kendra Claricia Brinkop mit Tabasco de Toxandria Z. Letztere waren als Ersatzpaar erst kurz vor Veranstaltungsbeginn über ihren Start informiert worden, hätten aber ihr Nationenpreisdebüt in Aachen nicht erfolgreicher abschließen können. Die deutsche Equipe wurde komplettiert von Andre Thieme und Christian Kukuk, die an diesem Abend beide ein paar Flüchtigkeitsfehler verbuchen mussten, aber auch viele tolle Momente in den beiden anspruchsvollen Umläufen zeigen konnten.
Fotos: Mirka Nilkens, Rebecca Thamm, Luisa Poose