Voltigierturniere 2021
Voltigierturniere waren 2020 Mangelware, der Gruppensport pandemiebedingt ein Totalausfall! Das darf nicht noch einmal ein Jahr lang passieren, ohne dass unser Sport von der Basis bis zur Spitze ernsten Schaden nehmen wird. Da sind sich inzwischen alle einig – vom DOKR-Fachausschuss über die Landesverbände bis hin zu vielen Vereinen und dem Fachausschuss Voltigieren der Deutschen Richtervereinigung (DRV). Ein „Weiter so“ wird es nicht geben. Die jeweilige Virus-Situation wird uns die Regeln vorgeben. Und wir werden gehalten sein, uns daran zu orientieren und flexibel darauf einzustellen.
Unsere Veranstalter werden drastisch umdenken müssen. Nichts geht mehr so wie früher. Wir werden die Veranstaltungen „vom anderen“ Ende her denken und aufziehen müssen: Bisher haben alle unsere Veranstalter „ausgeschrieben, was geht“ – also von der Basis bis S für Gruppen, Einzel und Doppel alles, was es gibt. Das ist zu Corona-Zeiten undenkbar. Die meisten Terminpläne in den Landesverbänden sind zwar gemacht und gefüllt wie immer – aber eigentlich wie im Vorjahr nur auf Abruf. Im Zweifel wird wieder Turnier für Turnier abgesagt und ausfallen. Davon müssen wir wegkommen!
Soviel erscheint sicher: solange Schul- und Kitabetrieb wegen der hohen Fallzahlen ruhen oder nur im Teilpräsenzbetrieb stattfinden, kann auch der Gruppen-Übungsbetrieb nicht stattfinden. Eine Teilöffnung wird wieder ein Training in der bekannten reduzierten Weise das Einzelvoltigieren unter Hygienebedingungen ermöglichen, aber kein Gruppen-Kürtraining. Erst wenn Kürtraining wieder möglich ist – sowohl „auf dem Trockenen“ als auch auf dem Pferderücken – kann mit einigem zeitlichen Abstand eine Kür beim Turnier wieder gezeigt werden. Gehen wir mal optimistisch davon aus, dass dies im Frühjahr wieder möglich sein wird, dann sind die ersten regulären Gruppenwettbewerbe etwa ab Mai denkbar. Aber nicht im Rahmen der gewohnt großen Turniere mit zig Gruppen!
Was sind die Voraussetzungen für einen Turnierbetrieb mit Gruppensport?
Da der Gruppensport mehr als Dreiviertel aller Prüfungen der Turniere ausmacht, geht es ohne die Gruppen nicht wirklich.
Voraussetzung für ein Voltigierturnier ist zunächst ein Hygieneplan mit festen Vorgaben für alle Teilnehmer, geordneten Laufwegen, kurzen Aufenthalten am Turnierort und – leider – möglichst nicht zu großen Teilnehmerzahlen.
Eine weitere Voraussetzung ist die Anerkennung der Disziplinen Doppel- und Gruppenvoltigieren als Nichtkontaktsportart: Anders als in Mannschaftsportarten mit Konfrontation wie in Fußball, Handball, Eishockey, treten die Mannschaften nicht in direkten körperlichen Kontakt zu ihren Konkurrenten. Jede Mannschaft bleibt als Team, mit dem sie auch zusammen trainiert, als Einheit zusammen. Man spricht dabei in epidemischen Maßstäben von einer „Kohorte“. Solange diese Kohorte, die auch zu Hause in dieser Zusammensetzung gemeinsam übt, in sich geschlossen bleibt, findet keine Virusübertragung auf andere Teams statt – solange diese Kohorten auch auf dem Turnier konsequent getrennt bleiben, von der Ankunft bis zur Abfahrt! Damit wird schon klar: je größer die Veranstaltung, desto schwieriger ist das durchzuhalten, umso eher droht eine Veranstaltung wegen Nichteinhaltung der Hygienebedingungen geschlossen zu werden. Genau hier muss also das Umdenken der Veranstalter einsetzen!
Abhängig vom Termin tun wir gut daran, die Veranstalter in Bezug auf ihre Auswahl der Prüfungen und die Beschränkung der Teilnehmerzahl zu beraten. Je früher im Jahr, desto flexibler und alternativer müssen die Konzepte sein, je später im Jahr, desto näher rücken die Turnierabläufe wahrscheinlich an eine gewisse Normalität heran.
Die ganz frühen Turniere sollten sich an nicht LPO-konformen Wettbewerben – und damit Prüfungen mit WBO-Anforderungen orientieren: Wettbewerbe zunächst nur für Einzelvoltigierer, die auch Teilnehmer aus dem Gruppensport zulassen, dann reine Pflichtwettbewerbe für Gruppen, die der Maßgabe „nur einer auf dem Pferd“ genügen.
Sobald Küren wieder möglich sind, gilt es, die Teilnehmerzahlen pro Veranstaltung niedrig zu halten. Um vielen eine Startmöglichkeit zu geben, bräuchten wir also im Zweifelsfall eine Vielzahl kleiner Veranstaltungen mit vielen, auch neuen Veranstaltern. Das macht geringeren organisatorischen und Kosten-Aufwand, ermöglicht aber auch realisierbare Hygienebedingungen: Ankunft am Turnierplatz gruppenweise getrennt, Vorbereitungsplätze, die nacheinander nur von jeweils einer Gruppe auf dafür abgetrennten Bereichen genutzt werden, getrennte Laufwege für die Gruppen zwischen Vorbereitungsplatz und Wettkampfzirkel in der Halle und getrennte Auslaufwege einschließlich Regelung für die Siegerehrung, die sich bei kleinen Teilnehmerzahlen ebenso sicher in geeigneter Weise durchführen lässt, mit direkt anschließender Abfahrt.
Dazu gehört eine gehörige Portion Disziplin für unsere kontaktfreudigen Voltigierer, die sich freuen, ihre Kumpels aus den anderen Vereinen wiederzusehen. Aber mit vier bis zehn Gruppen pro Veranstaltung stellt ein Kleinturnier weder eine große finanzielle noch organisatorische Herausforderung dar und kann so von vielen Vereinen gestemmt werden. Also zurück zu vielen kleinen Veranstaltungen – damit wenigstens wieder etwas stattfinden kann!
Paarvergleiche und Qualifikationsgruppen als Option
Wenn absehbar wird, dass im ersten Halbjahr solche Gruppenwettbewerbe nur unter strengsten Auflagen durchgeführt werden können, muss man unter Umständen zu ganz ungewohnten Wegen finden. Ein System wie bei Mannschaftspokalwettbewerben im Fußball z.B., mit Paarvergleichen oder Qualifikationsgruppen: also zwei L-Gruppen messen sich miteinander, der Sieger geht weiter zum nächsten Paarvergleich am nächsten Wochenende, bis es am Ende zu einer Finalveranstaltung kommt, um den Landes- oder Bundesbesten zu ermitteln. Bei Qualifikationsgruppen wäre folgendes Szenario denkbar: z.B. vier M-Gruppen treffen an zwei oder drei Wochenenden in Folge aufeinander. Sie erhalten Punkte entsprechend ihrer Platzierungsrangfolge und abschließend haben sie einen Tabellenpunktestand, aus der die beiden besten in die nächste Runde weiterkommen.
Dies bedarf von Verbandsseite einer guten organisatorischen Vorbereitung, würde aber auf Kreis-, Bezirks- oder Landesebene Besten-Turniere mit ebenfalls überschaubarer Teilnehmerzahl ermöglichen, im Zweifel bis hinauf zu einer Meisterschaft.
Ganz ohne Regelanpassungen würde dies nicht gehen: die Mindestzahl der geforderten Richter ist für eine solche Kleinveranstaltung nicht darstellbar. Eine pandemiebedingte Anpassung und Genehmigung zum Einzelrichten oder Richten mit nur zwei Richtern an getrennten Positionen auch in den höheren Leistungsklassen ist bereits vorgesehen. Und: wir brauchen flexible und kurzfristige Reaktionen und Entscheidungen unserer Landeskommissionen.
Und die Veranstalter müssten sich ihre Zielgruppen genau aussuchen: entweder sie planen einen Paarvergleich zwischen jeweils zwei A-, zwei L-, zwei M- und zwei S-Gruppen, hätten dann mit acht Gruppen ein kontrollierbares Teilnehmerfeld, ergänzt von einer Einzel- oder Doppelprüfung. Oder ein Veranstalter beschränkt sich beispielsweise auf A- und L-Gruppen, mit vielleicht auf vier Gruppen begrenzten Abteilungen, während ein anderer Veranstalter in der Nachbarschaft die M und S-Gruppen am gleichen Wochenende in einer Vierer-Abteilung starten lässt. Vorteil: Keine Konkurrenz der Veranstalter, sondern Arbeitsteilung.
So könnte auf unkonventionelle Weise vielen Gruppen eine Startmöglichkeit geboten werden, die sie dringend benötigen und wünschen. Und das alles unter Einhaltung der notwendigen Regeln, die uns die Pandemie diktiert – was keinesfalls zu einem Versuch, diese zu umgehen, ausarten darf!
Wenn es auch mal ohne Platzierungen ginge, könnten wir im WBO-Bereich auch Videoveranstaltungen durchführen, wo von den Richtern nur korrigierende und motivierende Kommentare gegeben werden: die Gruppen würden in ihrer eigenen Vereinsanlage starten und nur online zu einer Veranstaltung zusammengeführt.
Das mögen viele nicht nur für ungewohnt, sondern auch für schwer realisierbar halten – aber ich bin mir sicher: es ist allemal besser, sich auf derlei Veranstaltungen unter Einschränkungen einzulassen, als wieder alles abzusagen. Unsere Gruppen sollten unter allen Umständen Gelegenheit haben, sich im erlaubten Ausmaß bei Turnieren zu messen.
Leonhard Laschet