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17. - 23.09.2018, WEG Tryon 2018. FEI World Equestrian Games.


Janika DERKS / Johannes KAY GER / Landesverband RHL
lunger: Barbara ROSINY
horse: 1415 Dark Beluga

photo requests: kontakt@kaiser-impressions.de

picture: im|press|ions – Daniel Kaiser

Janika Derks und Johannes Kay verlassen die Bühne

Getreu dem Motto „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, beenden Janika Derks und Johannes Kay ihre Voltigier-Laufbahn als Weltmeister im Pas-de-Deux. Wir haben die sportlichen Höhepunkte der Medaillen-Aspiranten noch einmal Revue passieren lassen.

Janika Derks, die Ausnahme-Voltigiererin des RSV Neuss-Grimlinghausen kann eine Medaillensammlung vorweisen, die ihres Gleichen sucht. Dabei war eigentlich eine Karriere im Turnsport angedacht gewesen. Schon in jungen Jahren übte sie fleißig in der Turnhalle – unterstützt von ihrer Mutter, die Leistungssportler trainierte. „Ich bin damals erst mit acht Jahren durch eine damalige Schulfreundin zum Voltigieren gekommen“, erinnert sich Janika Derks, deren Anfänge auf dem Pferderücken auf dem Gestüt Ziegelhof in Rommerskirchen stattfanden. „Bis dahin wusste ich auch von dem Sport noch gar nichts. Parallel dazu habe ich noch geturnt, doch dann habe ich mich im Endeffekt dazu entscheiden, mich auf das Voltigieren zu konzentrieren, denn mit einem Lebewesen arbeiten zu können, ist viel interessanter als mit Geräten.“

Schon bald darauf wechselte Janika Derks zum RSV Neuss-Grimlinghausen: „Als ich dann 2000 auf dem Nixhof anfing zu trainieren, war mir schon bewusst, dass mir dort die Möglichkeiten geboten wurde, mich in Richtung Leistungssport zu orientieren. Ich habe mir aber ehrlich gesagt, gar keine Gedanken darüber gemacht, wie erfolgreich ich den Sport einmal ausüben werde. Das war noch weit weg“, erzählt die 31-Jährige. Doch schon 2005 bestritt Janika Derks mit dem Junior-Mixteam Köln Neuss ihre ersten Europameisterschaften. Und ein Jahr später gewann die damals 16-jährige Schülerin mit dem Senior-Team Neuss Gold bei den Weltmeisterschaften in Aachen.

Janika Derks und Johannes Kay bei den Weltreiterspielen in Tryon 2018. Foto: Daniel Kaiser

Medaillenregen

„Ich habe das alles auf mich zukommen lassen, ich bin aber auch nie der Sportler gewesen, der sich an Erfolgen orientiert hat, sondern an dem Anspruch der eigenen Leistung. Wenn man Leistungssportler ist, hat man natürlich das Ziel, nach einer guten Leistung das Level zu halten. Aber ich hatte nie Platzierungen und Medaillen im Kopf, sondern nur immer den Anspruch, meine Leistung zu toppen und mich weiterzuentwickeln.“ Insgesamt gewann Janika Derks mit den Neussern zweimal den Welt- und dreimal den Europameistertitel, bevor sie zum Einzelvoltigieren wechselte und dort an ihre Erfolge anknüpfen konnte.

2016 wurde Janika Derks Vierte mit Bella Bientje auf der WM in Le Mans und konnte sich zwei Jahre später mit Carousso Hit über den Vize-Weltmeistertitel in Tryon freuen. Der letzte Auftritt auf einer Weltmeisterschaft bescherte Janika Derks mit Dark Beluga die Goldmedaille im Nationenpreis und Silber im Einzel. Darüber hinaus sicherte sie sich 2019 mit Carousso Hit auf den Europameisterschaften Silber und den Titel des Deutschen Meisters. Hinzukommen zwei weitere Silbermedaillen und ein vierter Platz auf Deutschen Meisterschaften im Einzel. Nicht zu vergessen wäre der Weltcup-Sieg 2019 mit Carousso Hit in Saumur.

In Neuss lernte sie dann ihren späteren Pas-de-Deux-Partner kennen: „Johannes und ich haben damals zusammen in der Gruppe voltigiert und hatten dort auch schon immer einen Part zu zweit geturnt. Und dann ist die Idee zum Doppel einfach durch Zufall entstanden“, erzählt Janika Derks, die im Pas-de-Deux ausschließlich mit Johannes Kay angetreten ist.

„Abgesehen davon, dass wir immer sehr viel Spaß im Training hatten, konnte ich mich immer zu hundert Prozent auf Johannes verlassen und ihm vertrauen. Das ist im Doppel immens wichtig, weil er bei den Hebefiguren nicht wie im Team gesichert ist, was es für ihn auch noch einmal schwieriger macht“, erläutert Derks. Zusammen gewann das Duo auf den Weltmeisterschaften 2016 in Le Mans mit Holt’s Romeo Silber, in Tryon 2018 mit Dark Beluga die Bronzemedaille und zum krönenden Abschluss letztes Jahr in Budapest den Weltmeistertitel. Dazu kommt noch die Silbermedaille mit Diamond Sky auf den Europameisterschaften 2019 in Ermelo, 2018 der Titel des Deutschen Meisters mit Dark Beluga im Pas-de-Deux  und die Silbermedaille auf den Deutschen Meisterschaften letztes Jahr in Verden.

Als Belastung empfand Janika Derk die zusätzliche Disziplin nicht: „Das Doppel war für mich durchaus ein Ausgleich zum Einzelvoltigieren“, erklärt die gelernte Physiotherapeutin. „Eigentlich war ich auch immer der Sportler, der gerne mit einem Team in den Zirkel gelaufen ist, denn ich brauchte gar nicht den Fokus auf mir allein. Außerdem war für mich diese Konstellation, dass ich zwei verschiedene Disziplinen verfolge, die mich ganz unterschiedlich gefordert haben, Gold wert.“

Million Dollar Baby

Abgesehen von der Erfolgsbilanz werden vor allem die ausdrucksstarken Küren von Janika Derks im Doppel, als auch im Einzel in Erinnerung bleiben: „Alle Motive, die ich in einer Kür thematisiert habe, hatten ihren Reiz, aber die Kür zu dem Film „Million Dollar Baby“ war schon einer meiner Favoriten. Ich fand die Geschichte des Films und die Idee dahinter so gut, dass ich sie auf dem Pferd verkörpern wollte. Genau wie die Filmfigur kann ich sehr gut nachvollziehen, was es heißt, den Sport nur für sich selbst zu machen. Die anderen Menschen müssen gar nicht verstehen, was meine Ziele sind. Es reicht, wenn ich das weiß“, bekräftigt Derks.

Auch wenn Janika Derks eine Lieblingskür hat, fällt es ihr schwer, ein Lieblingspferd herauszupicken, da ihr alle Vierbeiner ans Herz gewachsen sind: „Alle Pferde, auf denen ich starten durfte, haben einen sehr guten Job gemacht. Zudem war es mir immer wichtig, zu ihnen einen guten Bezug zu haben, da es für mich immer Sportpartner waren. Zu den Pferden, auf denen ich im Einzel gestartet bin und die mittlerweile aus dem Sport verabschiedet wurden, habe ich auch noch immer Kontakt.“

Auf dem Weltcup-Finale in Leipzig wird Janika Derks das letzte Mal an den Start gehen und will dort ihren Titel von 2019 verteidigen. Danach ist Schluss: „Ich habe erst einmal gesagt, dass ich mich zu nichts verpflichten möchte. Wenn ich die Zeit dazu habe, dann würde ich auch hin und wieder einen Lehrgang oder Training anbieten. So ganz geht man dann doch nicht“, beteuert die Ausnahmesportlerin.

Johannes Kay

Auch Johannes Kay fand über das Turnen den Weg in den Voltigiersport: „Meine Mutter und meine beiden Schwestern waren schon vorher im Voltigiersport aktiv und als ich neun Jahre alt war, hat mich meine Mutter einfach mal zum Training mitgenommen. Schon nach kurzer Zeit habe ich auch Gefallen am Voltigieren gefunden. Zudem gibt es zwischen Turnen und Voltigieren sehr viele Schnittpunkte, sodass ich aus dem Turnsport sehr viel mitnehmen konnte.“

Gemeinsamer Triumpf von Janika Derks und Johannes Kay mit dem Seniorteam 2015 in Aachen.

Doch es war ein eher holpriger Start in den Leistungssport: „Als ich zwölf war, wollten wir  ein Leistungsteam im Norden zusammenstellen und ich hatte das Glück, dass ich nicht nur der Sohn der Trainerin, sondern auch der einzige Obermann war, der zur Verfügung stand. Aber es war furchtbar, denn ich war zu diesem Zeitpunkt wirklich kein guter Voltigierer. Außerdem wollte ich überhaupt kein Obermann sein, da ich schlimme Höhenangst hatte“, erinnert sich Johannes Kay schmunzelnd. „Dann kam langsam der Wechsel und ich konnte als Untermann eingesetzt werden. Zudem habe ich in den folgenden Jahren auch viel Einzel geturnt.“

Obermann trotz Höhenangst

So richtig geglaubt, dass Johannes Kay im Voltigiersport durchstarten würde, hat aber anscheinend niemand: „Weil meine beiden Schwestern sehr talentiert und erfolgreich waren, hat man mir oft gesagt, dass ich nicht frustriert sein soll, wenn ich das nicht erreichen werde. Aber das war in Ordnung für mich. Ich habe gar nicht so viele Gedanken daran verschwendet, sondern habe einfach mal gemacht und geguckt, was dabei rauskommt. Wo ich dann damit hinkomme, war mir gar nicht so wichtig, denn ich habe mir damals auch kein Ziel gesetzt. ‚Einfach mal machen‘  ist mein Motto“, erklärt Johannes Kay.

Neben dem Training war es ihm schon in jungen Jahren wichtig, Eindrücke zu sammeln und von anderen zu lernen „Ich hatte ganz viele Voltigierer als Vorbild. Als 2006 die Weltreiterspiele in Aachen stattfanden, habe ich jede Prüfung mitverfolgt und regelrecht aufgesogen, was dort passiert ist. Bis heute sage ich, dass dort der Peak-Point des Voltigierens zu sehen war. Dort habe ich ganz viel gesehen und auch gelernt. Ich haben mir vor allem immer die Fähigkeiten der einzelnen Voltigierer angeschaut, denn jeder hatte eine Eigenschaft, die ihn ausgemacht hat – ob es eine gewisse Präsenz auf dem Pferd, turnerische Skills oder eine unglaublich gute Choreographie war.“

2010 war Johannes Kay das erste Mal als Untermann im Juniorteam unterwegs und sammelte kurze Zeit später die ersten Medaillen mit dem Team Neuss. Und zwar direkt goldene Medaillen! 2012 wurde Johannes Kay mit dem Team in Pezinok Junior-Europameister und konnte den Titel ein Jahr später in Ebreichsdorf verteidigen.

Goldrichtige Entscheidung

Dann folgte eine Unterbrechung, die kürzer ausfiel als geplant: „Ich hatte kurzfristig mit dem Voltigieren aufgehört, da ich in Quellenburg ein duales Studium im Bereich Physiotherapie angefangen hatte“, erzählt Kay. Zum Abschluss hatte er 2013 auf den Deutschen Meisterschaften eine Showeinlage mit den Brüsewitz-Brüdern zum Besten gegeben. Und einen bleibenden Eindruck hinterlassen: „Das Wochenende war wahnsinnig witzig und ich war kurz mit dem Seniorteam von Neuss ins Gespräch gekommen. Auf dem Rückweg nach Quellenburg hat mich die Trainerin angerufen, und gefragt, ob ich nicht nach Neuss zurückkommen und beim Senior-Team einsteigen möchte“, erinnert sich Johannes Kay. „Auf der einen Seite war das die Chance, die ich mir schlecht entgehen lassen konnte, aber anderseits war ich gerade erst ans andere Ende von Deutschland gezogen, was mit einem riesigen Aufwand verbunden gewesen war. Aber ich habe auf mein Bauchgefühl gehört und bin nach einem Monat schon wieder zurückgegangen und konnte in Neuss auch meine Ausbildung fortsetzen.“

Die Entscheidung stellte sich im wahrsten Sinne als goldrichtig heraus! Auf den Weltmeisterschaften 2014 in Caen gewann Johannes Kay mit dem Senior Team die Goldmedaille und auch bei den Europameisterschaften in Aachen 2015 stand er mit der Mannschaft ganz oben auf dem Treppchen.

Das war für Johannes Kay aber kein Grund, um abzuheben: „Ich bin ein Sportler, der gar nicht so sehr Goldmedaillenfixiert, sondern eher Erlebnisorientiert ist. Ich möchte meine persönlichen Grenzen und Fähigkeiten ausreizen und wenn ich sehe, dass ich besser als letztes Jahr bin, dann habe ich mein Ziel erreicht. Am Ende hatte ich das Glück, dass ich immer erreichen konnte, was ich erzielen wollte“, beteuert Kay.

Erfolge auch im Pas-de-Deux

Zu den Erfolgen im Team gesellten sich die Medaillen mit Janika Derks im Doppel. „Dadurch, dass wir auch schon im Team zusammengearbeitet haben, waren wir von Anfang an unglaublich eingespielt“, erzählt Johannes Kay. „Ich konnte mich immer auf Janika verlassen. Auch wenn sie mal nicht ganz fit war, hat sie trotzdem immer die Zähne zusammengebissen und alles gegeben. Ihre größte Stärke ist aber, dass sie immer wieder ihre Grenzen ausgereizt und ihren Horizont erweitert hat. Und ich rechne ihr sehr hoch an, dass sie mir immer vertraut hat. Es ist Wahnsinn, was sie über die Jahre hinweg erreicht hat.“

Immer besser wurden auch die Küren von dem Erfolgsduo: „Wir wollten versuchen, bei der Kür von Jahr zu Jahr noch einen drauf zu setzen, was die Gestaltung und den Schwierigkeitsgrad angeht. Unser Ziel war es, immer einen Schritt weiterzugehen und versuchen eine Schwierigkeit oder Figur zu zeigen, die noch keiner gesehen hat.“

Auf den Weltmeisterschaften 2021 in Budapest danken Janika Derks und Johannes Kay Humphrey Bogart OLD. Foto: Daniel Kaiser

Dabei hat Johannes Kay auch einen Favoriten: „Die Kür, die Janika und ich zuletzt gezeigt haben, war meine Lieblingskür. Sie machte unglaublich viel Spaß zu turnen, hatte trotzdem einen sehr hohen Anspruch. Es kam einfach alles zusammen, was uns auch ausgemacht hat.“

Voll des Lobes ist Johannes Kay aber auch für seine vierbeinigen Sportpartner „Im Grunde genommen bleibt in meinem Herzen immer das allererste Pferd – unser Familienpferd Shetan – auf dem ich voltigiert habe.  Er war gerade aus dem Ponymaß, sodass ich als Kind schon früh den Aufgang üben konnte. Mit Shetan habe ich meine ersten Erfahrungen gesammelt und die ersten Turniere bestritten. Er war aber auch nicht ganz so einfach, aber ich mag es, wenn Pferde nicht nur einfach im Kreis galoppieren, sondern auch reagieren und mir zeigen, wenn ich schlecht turne. Das ist sehr wichtig und das habe ich alles von ihm gelernt. Jedes Pferd sticht aber auf seine Weise heraus und auch Humphrey, auf dem wir im Doppel zuletzt gestartet sind, ist ein grandioses Pferd. Er ist im Laufe der Zeit immer besser geworden und wir konnten uns in der Prüfung immer absolut auf ihn verlassen. Aber auch Delia FRH und Dark Beluga waren absolute Verlasspferde“, beteuert Kay.

Einmal Voltigierer, immer Voltigierer

Seinen Abschied feierte Johannes Kay bereits letzten Herbst auf den Deutschen Meisterschaften mit der Silbermedaille im Doppel. Jetzt konzentriert sich der 26-Jährige erst einmal auf seine berufliche Zukunft: „Ich habe eine ganze Menge Projekte, die in den Startlöchern stehen, die meinen Beruf betreffen, aber das Hauptthema ist jetzt erst einmal, mein duales Studium zu beenden. Ich werden daneben aber auch Zeit für Lehrgänge haben, denn das macht mir immer sehr viel Spaß und somit bleibe ich dem Sport als Trainer erhalten. Denn ‚Einmal Voltigierer, immer Voltigierer‘, davon kann man sich nie ganz lösen und das will ich auch gar nicht. Ich habe noch ganz viele Ideen, die ich in Hinblick auf das Voltigieren verwirklichen möchte. Aber jetzt ist es erst einmal mein Ziel, beruflich genauso erfolgreich und zufrieden zu sein, wie im Sport.“

Juliane Körner

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