Richard Vogel und United Touch S haben die Führung in der EM-Einzelwertung übernommen. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Richard Vogel und United Touch S haben die Führung in der EM-Einzelwertung übernommen. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

EM Tag 2: Deutschland auf Rang zwei, Vogel in Führung

Richard Vogel und United Touch S haben die Führung in der EM-Einzelwertung übernommen. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Richard Vogel und United Touch S haben die Führung in der EM-Einzelwertung übernommen. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Ein Parcours, der nicht allzu schwierig war, aber dennoch einige Probleme bereitete; vier Nullrunden für Deutschland; Richard Vogel in Führung; Christian Kukuk, der findet, sein Pferd müsse heute eine Goldmedaille bekommen nach einer Runde, die er selbst am liebsten vergessen würde – Tag zwei bei den Europameisterschaften der Springreiter in La Coruña, Spanien.

Santiago Varela hatte einen weiteren Parcours mit 14 Hindernissen und 17 Sprüngen ins EM-Stadion von La Coruña gestellt. Was zunächst so aussah, als ließe es sich problemlos und flüssig reiten, brachte dann doch auch manchen Favoriten in Schwierigkeiten. So zum Beispiel die Olympia- und WM-Bronzemedaillengewinner Maikel van der Vleuten und Beauville Z, die nach einer Verweigerung mit insgesamt 20 Strafpunkten aus dem Parcours kamen. Eine der Klippen war die dreifache Kombination mit einem Steil-Einsprung, dann einem Galoppsprung auf einen Oxer und zwei Galoppsprüngen zu einem weiteren Oxer. Das wurde für einige Paare weit und forderte massive Fehler. Unter anderem scheiterten hier auch Matthew Sampson und Medoc de Toxandria. Zweimaliges Verweigern am Aussprung nach jeweils einem völlig verkorksten B-Element führte zum Ausschluss für Sampson bei seinem Senioren-Championatsdebüt. Da aber seine Teamkollegen Ben Maher/Dallas Vegas Batilly, Donald Whitaker/Millfield Collette und Scott Brass/Hello Folie null blieben, konnten die Briten die Führung mit 3,96 Strafpunkten halten.

Mit hauchdünnem Abstand von 0,23 Strafpunkten liegt die deutsche Mannschaft in Lauerposition. Allerdings ist der Abstand zu den derzeit drittplatzierten Belgiern ebenfalls denkbar knapp: 0,42 Strafpunkte. Und morgen zur entscheidenden Zweiten Runde im Kampf um die Mannschaftsmedaillen dürfte der Parcours anspruchsvoller werden.

Ehning und Hinners fehlerfrei

Coolio sei ein "Charming Boy", sagt Marcus Ehning. Finden wir auch! Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Coolio sei ein „Charming Boy“, sagt Marcus Ehning. Finden wir auch! Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Aber heute gab es erst einmal sehr viel Grund zu freuen aus deutscher Sicht. Das ging los mit Marcus Ehning und Coolio, die das ganze wie immer zu einer Art Stilspringprüfung machten. „Ludger Beerbaum would say ,It was amazing'“, zitierte ein äußerst zufriedener Marcus Ehning seinen langjährigen Teamkollegen. Doch er wusste, zum Jubeln war es angesichts der vielen Null-Fehler-Ritte, die es trotz oben genannter Probleme eben auch gab, noch zu früh. Denn jeder Null-Fehler-Ritt der Konkurrenz macht die eigenen Fehler doppelt teuer.

Weit weg von den Stangen: Sophie Hinners und My Prins. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Weit weg von den Stangen: Sophie Hinners und My Prins. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Man kann also nicht sagen, dass Ehnings Nullrunde den Druck auf den Schultern der nächsten deutschen Reiterin, Teamrookie Sophie Hinners, besonders erleichtert hätte. Aber Hinners und ihr zuverlässiger My Prins zeigten mit einer traumhaft sicherten Nullrunde, warum sie in dieses Team gehören. „Er ist sehr gut gesprungen und wir sind sehr zufrieden“, bestätigte sie ihre Worte mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Nun hieß es Daumen drücken für die beiden, die noch kamen.

Blackout beim Olympiasieger

"Peinlich" sei seine Runde gewesen, kommentierte Christian Kukuk seinen heutigen Ritt mit Just be Gentle, die seiner Meinung nach heute eine Goldmedaille verdient gehabt hätte. Und hoffentlich nicht das Vertrauen in ihren Reiter verloren hat. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
„Peinlich“ sei seine Runde gewesen, kommentierte Christian Kukuk seinen heutigen Ritt mit Just be Gentle, die seiner Meinung nach heute eine Goldmedaille verdient gehabt hätte. Und hoffentlich nicht das Vertrauen in ihren Reiter verloren hat. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Das war zunächst Christian Kukuk mit Just be Gentle. Bei den beiden war heute der Wurm drin, oder eigentlich viel mehr beim Reiter, wie der später unumwunden zugab. Nach gutem Anfang bekam Kukuk keine gute Distanz zu Hindernis 4, dadurch passte es auch nicht ideal zum offenen Wassergraben. Es wurde dicht, Just be Gentle schraubte sich irgendwie trotzdem fehlerfrei über das weite Hindernis. Danach passte auch die Distanz zum nächsten Sprung nicht mehr. Wieder rettete die Stute die Situation. Im weiteren Verlauf fanden die beiden dann wieder einigermaßen ihren Rhythmus und kamen fehlerfrei ins Ziel.

Olympiasieger Christian Kukuk war sauer – auf sich selbst. „Das war wirklich peinlich! Ich kann mich ehrlich nicht erinnern, wann ich zuletzt so eine schlechte Runde geritten bin“, gab er ehrlich zu. „Ich weiß nicht, wie mein Pferd null gesprungen ist, ich weiß echt nicht, wie das möglich war. Sie hätte heute eine Goldmedaille verdient.“ Dass sie trotzdem null für das Team geblieben sind, sei das einzige Positive, was er mitnehmen könne. Für ihn wird es morgen nun in doppelter Hinsicht spannend: „Ich hoffe wirklich, Just be Gentle hat jetzt nicht das Vertrauen in mich verloren und ich kann es morgen wieder besser machen.“

Vogel in Führung

Solche Selbstvorwürfe braucht Richard Vogel sich heute Abend nicht zu machen. Er und sein United Touch S drehten eine wahre Bilderbuchrunde und sprangen problemlos ohne Abwurf bis ins Ziel. Fürs Team spielte das keine Rolle mehr. Nach der Vorarbeit der Mannschaftskameraden war Deutschland mindestens Platz zwei vor dem morgigen Finale sicher. Aber da der bis dato in der Einzelwertung führende Ire Daniel Coyle seine Legacy zurückgezogen hatte, weil diese nach dem gestrigen Zeitspringen nicht hundertprozentig fit zu sein schien, liegt Vogel nun auf Goldkurs in der Einzelwertung. Die Spitzenposition hat er nach dem heutigen Auftritt souverän verteidigt. Doch er sagt: „Darüber denke ich im Moment nicht nach. Es ist noch ein weiter Weg bis zum Einzelfinale!“

Das Dreamtrio hatte allen Grund zur Freude: Richard Vogel mit United Touch S und dessen beste Freundin aka Pflegerin, Felicia Wallin. Foto: Sportfotos-lafrentz.de
Das Dreamtrio hatte allen Grund zur Freude: Richard Vogel mit United Touch S und dessen beste Freundin aka Pflegerin, Felicia Wallin. Foto: Sportfotos-lafrentz.de

Momentan liege die gesamte Konzentration auf der Mannschaftswertung. Heute sei er sehr glücklich gewesen, wie sein Hengst gesprungen ist, „besonders nachdem er gestern schnell gegangen ist“, wie Vogel erklärte. Er habe den Hengst gut bei sich gehabt, habe nirgendwo einen Galoppsprung weggelassen, sondern alles so geritten wie es gedacht war. Bei einem Pferd mit einem Galopp wie dem von United Touch S ist das wichtig, um sicherzustellen, dass er ihn bei kniffligeren Distanzen aufnehmen kann. Denn Vogel weiß: „Morgen wird die Herausforderung ganz sicher größer! Wir hatten einige Null-Fehler-Ritte, was ganz sicher das ist, was der Parcourschef wollte. Er wollte es heute nicht zu schwierig machen, um nicht zu viel Energie aus den Pferden zu nehmen. Aber es waren immer noch 14 Hindernisse, 17 Sprünge, gestern und heute. Von daher ist ein Teil der Energie verbraucht. Das heute war ein 1,60 Meter-Springen, aber kein besonders schwieriges. Morgen wird das anders aussehen.“

Die Top Ten in der Einzelwertung

Auch wenn er selbst offensichtlich der Meinung ist, das nicht verdient zu haben, Olympiasieger Christian Kukuk liegt nach seiner fehlerfreien Runde auf Platz sechs in der Einzelwertung (1,32), keinen Springfehler von den Medaillenplätzen entfernt und ist damit der zweite Deutsche neben Vogel in den Top Ten.

An zweiter Stelle liegen Donald Whitaker und Millfield Colette (0,67) nach einer weiteren wunderbaren schnellen und rhythmischen Runde. Dahinter reiht sich der Bronzemedaillengewinner der letzten EM ein, Frankreichs Julien Epaillard mit seinem selbstgezogenen Weltcup-Sieger Donatello d’Auge (0,89). Vierter ist mit Scott Brash und Hello Folie (1,08), gefolgt vom Titelverteidiger, dem Schweizer Steve Guerdat auf Iashin Sitte (1,19). Beide, Hello Folie und Iashin Sitte, gehen in La Coruña ihr erstes Championat.

Die beiden Belgier Gilles Thomas mit dem wunderbaren Ermitage Kalone (1,37) und Nicola Philippaerts im Sattel seiner langjährigen Erfolgspartnerin Katanga van het Dingeshof, die ihn schon 2021 in Riesenbeck zu EM-Bronze getragen hatte, folgen auf den Plätzen sieben und acht (1,72). Piergiorgio Bucci vertritt mit Hantano an neunter Stelle (1,75) Italien. Belgiens Einzelreiter Abdel Said komplettiert mit Bonne Amie die Top Ten (1,94).

Doch man sieht: Keiner dieser Reiter hat bis jetzt einen Springfehler auf dem Konto. Bis Platz 25 sind es weniger als vier Strafpunkte, die die Paare von der Spitze trennen. Unter diesen Top 25 sind auch Marcus Ehning und Coolio mit 2,86 Fehlern sowie Sophie Hinners mit My Prins (3,21). Letztere hatte gestern zwar einen Abwurf, aber da diese im ersten Springen in Strafsekunden umgerechnet werden, sie ansonsten schnell und damit gut platziert war, konnte sie sich trotzdem eine recht gute Ausgangsposition sichern, da ja die Platzierung in Strafpunkte umgerechnet wird.

Wieder Pech für Dreher

Der einzige, der aus deutscher Sicht auch heute Pech am Stiefel kleben hatte, war Hans-Dieter Dreher mit Elysium. Wieder sprang der Schimmel wunderbar. Wieder war es ein leichter „Netzroller“, der auch heute zu einem Abwurf führte. Damit sind die beiden 51. der Einzelwertung und somit raus aus dem Turnier, weil nur die besten 50 in das morgige Springen einziehen. Hansi Dreher trug es mit Fassung: „Wir hatten gestern nicht wirklich Glück, heute wieder. Es soll nicht unser Wochenende sein, glaube ich“, sagte er, hatte aber noch ein Lächeln im Gesicht.

Die Ergebnisse in der Übersicht finden Sie hier.

Clip my Horse überträgt auch morgen die Mannschaftsentscheidung. Ab 16.15 kann man sie aber auch im ARD Livestream im Internet verfolgen.

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